Ingrid Klimke zählt seit 20 Jahren zu den Weltbesten im Vielseitigkeitsreiten. Doch in diesem Jahr feiert sie noch eine Premiere: Zur EM in Luhmühlen kommt die 51-Jährige erstmals als Titelverteidigerin im Einzel. Druck macht ihr das nicht.
Geht in Luhmühlen als EM-Titelverteidigerin an den Start: Ingrid Klimke. Foto: Friso Gentsch
Geht in Luhmühlen als EM-Titelverteidigerin an den Start: Ingrid Klimke. Foto: Friso Gentsch - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Diese Rolle ist auch für Ingrid Klimke neu.

Noch nie ist die Vielseitigkeitsreiterin in ihrer langen Karriere als Titelverteidigerin im Einzel zu einem internationalen Championat gereist.

«Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht», sagte die 51-Jährige aus Münster vor den Heim-Europameisterschaften in Luhmühlen in der Lüneburger Heide. Druck macht sie sich nicht. «Ich sehe das ganz locker», sagte sie. «Dieses Jahr war bisher super erfolgreich. Ich hoffe, die Glückssträhne hält noch an.»

Gerade diese Lockerheit und ihre Offenheit im Umgang mit Menschen haben Ingrid Klimke neben Dressur-Dominatorin Isabell Werth zu einer der Vorzeigefrauen des deutschen Reitens gemacht. Vor zwei Jahren wurde sie im polnischen Strzegom mit ihrem mittlerweile 15 Jahre alten Wallach Hale Bob - von ihr nur Bobby genannt - Europameisterin. Und es gab niemanden, der ihr ihren Premieren-Titel bei einem Einzel-Championat nicht gegönnt hatte.

Auch in diesem Jahr gehört sie zum Favoritenkreis. Beim CHIO in Aachen unterstrichen Ingrid Klimke und Hale Bob im Juli ihre gute Form und siegten. «Wir sind eingespielt und vertrauen uns blind», sagt sie über ihren tierischen Partner. «Ich muss aufpassen, dass ich nicht zu euphorisch werde, wenn ich ihn reite.»

Die Umschreibung «die Tochter von Dressur-Legende Reiner Klimke» braucht niemand mehr, um sie vorzustellen. Sie wird längst als eigene Persönlichkeit auch ausserhalb des Reitsports wahrgenommen.

Seit 20 Jahren ist sie eine feste Grösse im pferdesportlichen Dreikampf. Und ein Ende scheint nicht in Sicht. «Man kann sich gar nicht vorstellen, dass sie nicht mehr reitet», meint Bundestrainer Hans Melzer. Immer wieder ist es ihr gelungen, junge Pferde auf Weltklasse-Niveau zu hieven. Mit Hale Bob arbeitet sie zusammen, seit er fünf Jahre ist. Dessen Nachfolgerin steht in der achtjährigen Stute Asha P schon in Klimkes Stall.

Ingrid Klimke, die auch in der Dressur überaus erfolgreich ist, war an etlichen grossen Siegen der deutschen Vielseitigkeits-Equipen der vergangenen Jahre beteiligt. Sie trug entscheidend dazu bei, dass die Teams jeweils zweimal Olympiasieger und Weltmeister sowie dreimal Europameister wurden. Zudem verpasste sie auf Hale Bob bei der WM 2018 in Tryon Einzel-Gold nur wegen eines Abwurfs am letzten Hindernis im abschliessenden Springen. Am Ende war es Bronze.

«Sie ist eine tolle Sportlerin, macht alles zu 100 Prozent. Halbe Sachen kennt sie nicht», sagt Melzer. Sie sei eine Siegreiterin und mental sehr stark. «Es ist immer gut, wenn man sie dabei hat», betont er - und bezieht dies nicht nur auf das Sportliche. Ingrid Klimke lebt Teamgeist. «Sie ist für jeden ansprechbar, ohne sich in den Vordergrund zu drängen», beschreibt sie ihr Trainer.

Klimke ist aber nicht allein Profi-Sportlerin. «Unglaublich, was sie noch alles tut», sagt Melzer. Sie leitet nicht nur ihren eigenen Stall und bildet Pferde aus. Klimke arbeitet auch als Dozentin bei Lehrgängen, ist sozial vielfältig engagiert, schreibt Bücher, gibt zwei Mal im Jahr ein Magazin mit ihrem Namen als Titel heraus.

Dass ihre beiden Töchter Greta (17) und Philippa (9) selbst begeisterte und talentierte Reiterinnen sind, kommt ihr entgegen. «Ich kann das alles nur, weil ich ein grossartiges Team habe», sagt Ingrid Klimke. Zu dem Team gehören auch ihre beiden Brüder und ihre Mutter als wichtige Helfer. «Sonst würde ich am Rad drehen.»

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