So spektakulär das EM-Achtelfinale gegen Spanien auch war: Es zeigte, dass der Vize-Weltmeister Kroatien längst nicht mehr so gut ist wie noch 2018. Die grosse Frage ist jetzt: Was macht der Topstar?
Hat seine Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2022 in Katar offengelassen: Luka Modric. Foto: Stuart Franklin/Pool Getty/AP/dpa
Hat seine Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2022 in Katar offengelassen: Luka Modric. Foto: Stuart Franklin/Pool Getty/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

In der 114. Minute eines epischen EM-Abends hörte und fühlte sich vieles nach dem Ende einer Ära an. Es fehlten nur noch sechs Minuten, bis bei dieser 3:5-Achtelfinal-Niederlage gegen Spanien auch die zweite Halbzeit der Verlängerung beendet war.

In diesem Moment wurde der beste und erfolgreichste Spieler in der noch jungen kroatischen Fussball-Geschichte ausgewechselt und tausende Fans im Stadion von Kopenhagen riefen: «Luka Modric, Luka Modric».

Der Spielmacher von Real Madrid ist 35 Jahre alt. Er liess nach dem Ausscheiden bei dieser Europameisterschaft offen, ob er auch bei der WM 2022 in Katar noch für sein Nationalteam spielen wird. «Wir werden sehen. Wir müssen uns gut ausruhen und an alles denken. Jetzt ist nicht die Zeit, um darüber zu sprechen», sagte er dem TV-Sender HRT.

Mit Modric haben die Kroaten vor drei Jahren das Endspiel der Weltmeisterschaft erreicht. Und mit Modric trugen sie am Montagabend noch einmal zu einem der spektakulärsten Abende dieser EM bei, als sie gegen Spanien zwischen der 85. und 92. Minute einen 1:3-Rückstand aufholten und dann in der Verlängerung durch zwei Gegentore von Alvaro Morata (100.) und Mikel Oyarzabal (103.) doch noch verloren.

Aber selbst an diesem Abend war zu erkennen: So gut wie 2018 sind die Kroaten längst nicht mehr. Und so gut werden sie wohl auch so schnell nicht wieder werden. Modric allein kann die Probleme nicht überspielen, die sich seit der WM aufgetan haben. Dazu bräuchte es einen neuen Geist im Team und viel mehr nachrückende junge Spieler.

Modric mit Moral der Mannschaft zufrieden

«Wir haben alles gegeben», sagte der Maestro nach dem Spiel. «Wir können mit unserer Herangehensweise, unserem Charakter und unserer Moral zufrieden sein, aber Spanien war in den entscheidenden Situationen besser. Wir sollten ihnen gratulieren.»

Die Spanier waren den Kroaten bereits im zweiten Spiel nach dem WM-Finale 2018 begegnet. Das Spiel in der Nations League endete mit 0:6 und war dem Trainer Zlatko Dalic eine Warnung.

Denn bei seiner Mannschaft kam in den vergangenen drei Jahren viel zusammen. Wichtige Spieler wie Mario Mandzukic und Ivan Rakitic beendeten ihre Nationalmannschafts-Karriere. Anderen fehlte nach dem Erfolg in Russland die nötige Spannung. Zwischen älteren und jüngeren Spielern gärte es im Team. Das war schon nach den Vorrunden-Spielen gegen England (0:1) und Tschechien (1:1) zu vernehmen und das zeigte sich in Kopenhagen auch beim Wiedersehen mit den Spaniern.

Rebic im Pech

Denn nach dem 1:0 durch Pedris Eigentor (20.) verliess der frühere Frankfurter Ante Rebic noch vor der Halbzeitpause das Spielfeld, um seine Schuhe zu wechseln. Die Kroaten spielten kurz in Unterzahl, Spanien traf genau in dieser Zeit zum 1:1 durch Pablo Sarabia (38.) - und vor allem Modric machte Rebic gegenüber seinen Unmut sehr deutlich.

Es war eine Szene, die symptomatisch ist für diese enttäuschende EM. Daran änderte auch nichts, dass die eingewechselten Mislav Orsic (85.) und Mario Pasalic (90.+2) nach dem 1:2 durch Cesar Azpilicueta (57.) und dem 1:3 durch Ferran Torres (77.) auf einmal noch die Energie für eine nicht mehr erwartete Aufholjagd aufbrachten.

Kroatien hat nur etwas mehr als vier Millionen Einwohner. Niemand kann erwarten, dass dieses kleine Land auf Dauer mit den grossen Fussball-Nationen mithält. Es zeigte sich zuletzt aber auch, dass das nicht viel grössere Belgien bei den wichtigen Turnieren mehr Beständigkeit zeigt. Und dass das auch nicht viel grössere Portugal im Vergleich deutlich mehr Top-Talente hervorbringt.

Zu den jüngeren Kroaten zählt der Mittelfeldspieler Nikola Vlasic von ZSKA Moskau. Der Bruder der früheren Hochsprung-Weltmeisterin Blanka Vlasic zeigte nach dem EM-Aus immerhin das Herz und die Emotionen, die seinem Team bei diesem Turnier so häufig abgingen. «Als wir die beiden Tore zum Ausgleich erzielten, war mein Herz so gross wie ein Haus», sagte er. «Aber als die Spanier dann noch einmal trafen, brach dieses Haus buchstäblich zusammen. Sowas habe ich noch nie erlebt.»

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