Vorstoss: Kanton Bern soll Kurtaxe für Tagestouristen ermöglichen
Der Hotelier und Mitte-Grossrat René Maeder will mit Tageskurtaxen Gerechtigkeit schaffen: Auch Tagestouristen profitierten nämlich von den Infrastrukturen.

Das Wichtigste in Kürze
- Auch Tagestouristen sollen eine Kurtaxe bezahlen müssen.
- Dies fordert Mitte-Grossrat René Maeder in einem Vorstoss.
- Mit der Tageskurtaxe soll die zur Verfügung gestellte Infrastruktur mitfinanziert werden.
Touristen, die in Hotels oder Ferienwohnungen übernachten, zahlen eine Kurtaxe. Die drei, vier, fünf Franken pro Nacht dürften neben den Kosten für Unterkunft und Verpflegung kaum ins Gewicht fallen. Doch nun fordert Mitte-Grossrat René Maeder auch eine Tageskurtaxe. Per Vorstoss beantragt er, dass der Regierungsrat die rechtlichen Grundlagen dazu schaffe.
Auch wer nur eine Wanderung macht oder die Sozialen Medien mit Selfies von Sehenswürdigkeiten füttern will, soll also bezahlen. Als Gemeindepräsident von Kandersteg, vor allem aber als Hotelier ist Maeder der Tourismus ein Herzensanliegen. Im Interview mit dem BärnerBär erklärt er, warum es eine zusätzliche Touristen-Gebühr braucht.

BärnerBär: Warum sollen auch Tagesgäste eine Kurtaxe bezahlen müssen?
René Maeder: In touristischen Gemeinden mit einem hohen Aufkommen von Tagestouristen müssen erhebliche Einrichtungen und Dienstleistungen bereitgestellt werden: Toilettenanlagen, Parkplätze, den subventionierten öffentlichen Verkehr, Park- und Ordnungsdienste, Wanderwege, Abfallentsorgung sowie Rangerdienste. Bis anhin werden diese Kosten durch Steuergelder, Einnahmen aus den Übernachtungskurtaxen und Parkgebühren bezahlt.
Das ist nicht gerecht. Zum Beispiel der Wanderer, der mit Verpflegung einen Tagesausflug mit dem ÖV macht: Er profitiert von den öffentlichen Toiletten, dem subventionierten Ortsbus, der Entsorgung seines Abfalls vom mitgebrachten Picknick, vom Unterhalt der Wanderwege und dem Rangerdienst. Er bringt aber null Wertschöpfung in diese Gemeinden.
Es ist eigentlich paradox: Der Übernachtungsgast bringt Wertschöpfung in Hotels, Ferienwohnungen, Campingplätze und so weiter – und zahlt Kurtaxe. Der Tagestourist bringt zum Teil keine oder wenig Wertschöpfung und zahlt keine Kurtaxe.
BärnerBär: Wie hoch soll eine Tageskurtaxe etwa ausfallen?
Maeder: Hierzu ist es noch verfrüht, eine Angabe zu machen. Sollte die Motion überwiesen werden, so dauert die Anpassung der gesetzlichen Grundlagen sicher ein bis zwei Jahre. In dieser Zeit können die betroffenen Gemeinden mit den Tourismusorganisationen mögliche Lösungen erarbeiten.

BärnerBär: Befürchten Sie nicht, dass das für Unmut bei den Touristen sorgt?
Maeder: Wer hat schon Freude, wenn er für etwas bezahlen muss, was bisher gratis war? Hier sind die Gemeinden gefordert, wenn sie die Tageskurtaxe in Betracht ziehen, eine gute Aufklärungskampagne zu machen.
BärnerBär: Soll die Tageskurtaxe auch als Massnahme gegen «Overtourism» dienen?
Maeder: Sicher wird dies positive Folgen haben. Am Beispiel Kandersteg: Wir setzen uns ein für einen nachhaltigen Tourismus.
Gäste, die möglichst mehrere Nächte hierbleiben. Und nicht nur an einem Tag den Oeschinensee, sondern auch die anderen wunderschönen Gebiete besuchen: Den Sunnbühl mit dem Übergang zur Gemmi, die Allmenalp, das Gastern- oder Ueschienental oder den nahegelegenen Blausee.
Im Übrigen ist eine Tageskurtaxe kein Novum. In vielen Ferienorten an der Ost- und Nordsee werden Strandgebühren durch die Gemeinde erhoben. Venedig ist ebenfalls ein Beispiel und Iseltwald hat es mit einem Drehkreuz gelöst.

BärnerBär: Sie haben auch noch einen zweiten Vorstoss eingereicht: Der Kanton soll eine Objektsteuer auf Zweitliegenschaften einführen. Auch hier wollen Sie also touristische Gäste zur Kasse bitten?
Maeder: Mit dem Wegfall des Eigenmietwerts drohen insbesondere in touristisch geprägten Regionen erhebliche Steuerausfälle. Diese Gemeinden sind jedoch stark auf stabile Einnahmen angewiesen. Sie müssen ihre Infrastruktur und Dienstleistungen, etwa im Bereich Verkehr, Wasser- und Energieversorgung, Abfallentsorgung, Tourismusförderung oder Raumplanung, finanzieren können.
Zweitwohnungsbesitzerinnen und -besitzer profitieren von dieser Infrastruktur, leisten aber ohne eine entsprechende Objektsteuer künftig deutlich weniger zur Finanzierung der Gemeindeleistungen.
Hier ebenfalls ein Beispiel: Wir haben in Kandersteg Zweitwohnungen, die im Jahr nur während zwei Wochen – Weihnachten und Neujahr – genutzt werden. Die Gemeinde macht die Schneeräumung, die Kehrichtentsorgung fährt auch dorthin. An die Abwasserentsorgung zahlen die Besitzer nach Verursacherprinzip nur wenige Franken pro Jahr, und so weiter.

















