Im Kanton Solothurn wird am 3. März über die 1:85-Initiative abgestimmt. Stefan Nünlist (FDP) ist sicher, dass dies zu einer schlanken Verwaltung führen wird.
Stefan Nünlist FDP
Stefan Nünlist ist Kantonsrat und Parteipräsident der FDP Solothurn. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 3. März wird in Solothurn über die 1:85-Initiative abgestimmt.
  • Diese legt das Verhältnis von Einwohnenden und kantonalen Stellen auf maximal 1:85 fest.
  • Im Interview erläutert Stefan Nünlist (FDP), weshalb die Initiative sinnvoll ist.
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Im Kanton Solothurn kommt es am 3. März zur Abstimmung über die 1:85-Initiative. Bei Annahme dürfe künftig die Anzahl von Kantonsmitarbeitenden das Verhältnis von 85 Einwohnende auf eine Vollzeitstelle nicht mehr überschreiten. Stand heute liegt ungefähr ein Verhältnis von 1 zu 81 vor, was rund 140 Stellen zu viel entspräche.

Der Kantonsrat lehnt die Initiative ab, laut ihm drohen Leistungseinbussen und ein Stellenabbau. Diesen Aussagen widerspricht Stefan Nünlist (FDP). Im Interview gibt er Einblicke zur freisinnigen Initiative.

Nau.ch: Wieso braucht es die 1:85-Initiative?

Stefan Nünlist: Die Verwaltung wächst in unserem Kanton doppelt so rasch wie die Bevölkerung. Das kostet nicht nur immer mehr, sondern führt stets zunehmender unnötiger Bürokratie.

Solothurn Polizei
Durch das heutige Verhältnis bräuchten kantonale Angestellte immer mehr Zeit für administrative Tätigkeiten, heisst es vonseiten der FDP. (Symbolbild) - keystone

Ärztinnen, Lehrer, Handwerker oder Polizistinnen brauchen immer mehr Zeit für die Administration, anstatt arbeiten und für uns Bürgerinnen und Bürger da sein zu können. Das schadet uns allen.

Nau.ch: Die Initiative verlangt, dass die Anzahl der Angestellten des Kantons Solothurn das Verhältnis eines oder einer Vollzeitmitarbeitenden auf 85 Einwohnende nicht überschreitet. Aus welchem Grund haben Sie sich für dieses Verhältnis entschieden?

Nünlist: Vor der Coronapandemie kam eine Vollzeitstelle beim Kanton auf 85 Einwohner. Vier Jahre später reicht eine Stelle nur noch für 81 Einwohner. Die Verwaltung wird seit vielen Jahren munter aufgebläht.

«Schlanke, aber leistungsfähige und bürgernahe Verwaltung»

Nau.ch: Laut Kantons- und Regierungsrat hätte die Annahme der Initiative einen Stellenabbau von über 140 Stellen zur Folge. Dadurch müsste vermehrt auf externe Dienstleister gesetzt werden, was hohe Kosten mit sich bringen würde. Wie ordnen Sie diese Aussage ein?

Nünlist: «Chabis!» Die Annahme der 1:85-Initiative hat überhaupt keinen Stellenabbau zur Folge. Allein in den kommenden Jahren gehen über 500 Staatsangestellte in Pension, und dazu kommt die ganz normale Fluktuation.

Auch wird es keine Mehrkosten geben. Unser Ziel ist eine schlanke, aber leistungsfähige und bürgernahe Verwaltung.

Befürworten Sie die 1:85-Initiative?

Nau.ch: Gegner der Initiative befürchten, dass der Kanton Solothurn als Arbeitgeber durch die Initiative an Attraktivität einbüssen würde. Stimmen Sie dem zu und planen deshalb Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung?

Nünlist: Im Gegenteil: Mit unserer Initiative steigern wir die Attraktivität des Kantons als Arbeitgeberin. Denn wir wollen dem einzelnen Mitarbeitenden mehr Verantwortung und Wertschätzung geben und die Chefs und Politik in die Pflicht nehmen. Gute Arbeitskräfte sind knapp.

Darum ist es enorm wichtig, an der Attraktivität der Arbeitsplätze zu arbeiten. Beim Kanton gibts da enorm viel zu tun. Die einzelnen Amtsstellen funktionieren oft noch als kleine Königreiche mit veralteten hierarchischen Unternehmenskulturen, vielen Häuptlingen und zu wenig Indianern. Die Mitarbeitenden leiden unter umständlichen Abläufen.

Rathaus Solothurn
Das Rathaus in Solothurn von der Barfüssergasse aus gesehen. - Nau.ch / Ueli Hiltpold

Es fehlt an Digitalisierung, der Belohnung von Leistung, der Förderung von Talenten und der Mitarbeiterentwicklung. Wir wollen die Verwaltung attraktiver und schlanker machen, unnötige Bürokratie abbauen, Leerläufe eliminieren und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Teams und Departementen verbessern.

Das geht nur im Dialog mit den Mitarbeitenden. Im Gegensatz zu den Chefs wissen diese genau, wo der Hobel anzusetzen ist.

«Das eine geht nicht ohne das andere»

Nau.ch: Sehen Sie alternative Möglichkeiten, beispielsweise die Optimierung von Betriebsprozessen, wodurch ein Stellenwachstum beschränkt oder Kosten gespart würden?

Nünlist: Das eine geht nicht ohne das andere. Wir werden künftig gar nicht mehr alle Stellen in der Verwaltung besetzen können, denn gute Arbeitskräfte werden überall sonst ja auch gebraucht. Angesichts der knappen Arbeitskräfte und der finanziellen Lage unseres Kantons gilt es, Aufgaben und Abläufe unserer Verwaltung zu überdenken und wieder auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger auszurichten.

Unsere Initiative ist als allgemeine Anregung formuliert und nimmt Kantons- und Regierungsrat in die Pflicht, Verantwortung für eine moderne und auch attraktive Verwaltung zu übernehmen. Dazu ist es zwingend, Abläufe und Prozesse in der Verwaltung einfacher und bürgerfreundlicher zu gestalten.

Zur Person: Stefan Nünlist (62) ist Kantonsrat und Parteipräsident der FDP Solothurn. Er ist in Starrkirch-Wil wohnhaft und arbeitet als Jurist und Kommunikationsleiter.

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