Bilinge-Schule «Clabi»: FDP-Esseiva will Antworten vom Gemeinderat
Die Stadt Bern schliesst die «Classes bilingues». In der ersten Stadtratssitzung nach den Ferien sind nun Antworten traktandiert.

Das Wichtigste in Kürze
- Am 22. August soll es im Berner Stadtrat Antworten zur Schliessung der «Clabi» geben.
- Gespannt ist auch FDP-Grossrätin Claudine Esseiva, Mutter eines «Clabi»-Schülers.
- Bis jetzt fehle eine inhaltliche Begründung für das Ende der «Classes bilingues».
Vor sechs Jahren startete erfolgreich der Schulversuch «Classes bilingues», kurz «Clabi» genannt, im Marzili-Schulhaus: Das Interesse der Eltern war grösser als die verfügbaren Plätze, gross soll auch das Interesse von Lehrkräften gewesen sein.
Doch nächstes Jahr soll Schluss sein, sehr zum Ärger von Eltern wie FDP-Grossrätin Claudine Esseiva: «Bis heute fehlt die fundierte inhaltliche Begründung.»
Esseiva: «Weil Bevölkerung sich zweisprachigen Unterricht wünscht»
Je ein Drittel der Clabi-Schulkinder hat Muttersprache Deutsch oder Französisch und ein Drittel der Kinder ist bereits zweisprachig.
Darunter Esseivas Sohn, der die fünfte Klasse besuchte und dank Clabi gut Französisch lernen konnte: «Nicht perfekt, aber auf einem sehr guten Niveau», lobt die stolze Mama. Nun wechselt er an die normale Schule.

«Alles, was in den letzten Jahren aufgebaut wurde, geht hoffentlich nicht ganz verloren», so die FDP-Politikerin. Aber es werde nicht weiter gefördert, bedauert sie.
Notfalls will Esseiva gar eine Initiative lancieren – und diese werde erfolgreich sein, sagt sie zum BärnerBär: «Weil eine breite Bevölkerung in der Stadt Bern sich einen zweisprachigen Unterricht wünscht.»
Schliesslich sei Französisch die meistgesprochene Fremdsprache in der Stadt Bern. Als Bundesstadt und Kantonshauptstadt sollte man in Sachen zweite Landessprache eigentlich eine Vorbildrolle einnehmen, findet Esseiva.

Ihre Kritik richtet sich aber vor allem an Gemeinderätin Ursina Anderegg (Grüne), die ihren Entscheid stur durchgedrückt habe. Zu keinem Zeitpunkt habe sie mit den Betroffenen in den Dialog treten wollen.
Geld, Lehrpläne und Fachkräftemangel
Im Interview mit dem BärnerBär lieferte Anderegg Argumente für den Abbruch des Schulversuchs «Clabi». 800'000 Franken könnten so eingespart werden, doch sei dies nicht der Hauptgrund.

So sei es nicht gelungen, die Lehrpläne der Romandie und jene von Bern aufeinander abzustimmen. Dazu komme der Fachkräftemangel bei den zweisprachigen Lehrpersonen und der zusätzliche Raumbedarf.
Falsch sei dagegen der Vorwurf, sie habe persönliche Gründe gehabt: Weil «Clabi» tendenziell eher von gut situierten Schülerinnen und Schülern besucht wurde.
Hoffnung auf Antworten im Stadtrat
Doch Claudine Esseiva lässt nicht locker. Ihre FDP-Parteikollegen haben im Stadtrat eine Interpellation mit neun Fragen eingereicht.
Die Antworten darauf sind am 21. August traktandiert und seien sehr wichtig. «Denn bis heute fehlt die fundierte inhaltliche Begründung», so der Vorwurf von Esseiva an Anderegg.
Herausgefunden habe man, dass für den Entscheid nicht einmal ein Abschlussbericht verfasst worden sei. Weder mit der Elternschaft noch mit der Lehrerschaft sei das Gespräch gesucht worden. Die Wissenschaft habe man in der Evaluation nicht miteinbezogen. «Dies wirkt nicht sehr vertrauenswürdig», kritisiert Esseiva.
Sie habe das Gefühl, auf die lange Bank geschoben zu werden, klagt Claudine Esseiva: Seit drei Monaten warte man auf die Protokolle der Begleitgruppe, ein Aussprache-Termin sei bis heute nicht fixiert worden. «Grundsätzlich muss man hier festhalten, dass es an Transparenz mangelt.»

Nun sei man sehr gespannt, wie die Bildungsdirektion ihren Entscheid begründe: «Bleibt es auf der Metaebene oder kommen nachvollziehbare Elemente?»
Biel tickt anders als Bern
Denn nachvollziehbar fand Esseive die Begründungen bisland nicht. Zweisprachige Klassen gibt es nämlich auch in Biel. Zwar könne man Bern und Biel, «eine wirklich bilingue Stadt», als Gemeinde nicht vergleichen, räumt FDP-Grossrätin Esseiva ein.

Aber in Biel will man nichts von einem Ende der «Classe bilingue» wissen. Im Bildungsbereich lässt Esseiva einen Vergleich darum gelten: «Biel zeigt, dass die Argumente der Bildungsdirektorin Anderegg, die zwei Lehrpläne seien nicht kompatibel, dass es schwierig sein Lehrpersonal zu finden und dass es viel zu teuer sei, nicht stimmen.»