Aargauer Regierung: kaum negative Anreize bei Prämienverbilligung
Die Reduzierung des Arbeitspensums zur Erzielung einer Krankenkassenprämienverbilligung ist laut Aargauer Regierungsrat unwirtschaftlich.

Das Arbeitspensum reduzieren, um eine Verbilligung der Krankenkassenprämien zu erhalten: Das rechnet sich nach Angaben des Aargauer Regierungsrats grundsätzlich nicht. Die FDP-Fraktion forderte, die angeblichen Anreize für eine Prämienverbilligung zu kappen.
Es erscheine unwahrscheinlich, dass Erwerbstätige ihr Arbeitspensum allein mit dem Ziel, (mehr) Prämienverbilligung zu erhalten, reduzierten, schreibt der Regierungsrat in der am Freitag veröffentlichten Stellungnahme zu einer Motion der FDP-Fraktion.
Die finanzielle Einbusse durch den Lohnausfall würde demnach in der Regel substanziell höher ausfallen als die erhaltene Prämienverbilligung. Der im Vorstoss benannte Missstand dürfe «nahezu inexistent sein».
Konkrete Beispiele verdeutlichen das Dilemma
Der Regierungsrat liess bei der für die Ausrechnung einer Prämienverbilligung zuständigen SVA Aargau zwei Beispiele erarbeiten. Ein Single arbeitet 100 Prozent und verdient Brutto 85'100 Franken im Jahr. Er müsste sein Pensum um 40 Prozent reduzieren – also 34'000 Franken weniger verdienen pro Jahr. Er bekäme dafür gerade mal 982 Franken Prämienverbilligung pro Jahr.
Ähnlich sieht es bei einem Ehepaar aus. Beide arbeiten 100 Prozent und verdienen gemeinsam 170'000 Franken. Würde nur noch eine Person arbeiten, würde dies zu einer Einkommenseinbusse von 85'000 Franken führen. Unter dem Strich würde das Ehepaar 1666 Franken Prämienverbilligung erhalten.
Freiwilliger Verzicht auf Erwerb: Eine komplexe Angelegenheit
Die SVA Aargau bestätigte gemäss Angaben des Regierungsrats, dass Einkommensverschlechterungen ohne Zusammenhang mit Elternschaft, Aus- und Weiterbildungen, Pensionierungen oder Taggeldbezug wie Arbeitslosigkeit und Krankheit in der Praxis ausgesprochen selten seien.
Die Berücksichtigung eines freiwilligen Einkommensverzichts setze voraus, dass die Freiwilligkeit gegeben sei und die konkreten Umstände ein höheres Erwerbspensum grundsätzlich zuliessen, schreibt der Regierungsrat: «Die Gründe für nicht ausgeschöpfte Vollbeschäftigung können vielseitig sein und insbesondere gesundheitlichen, familiären, privaten oder beruflichen Ursprungs sein».
Gesetzliche Definitionen sind notwendig
Ein höheres Erwerbspensum sei unter Umständen beim Arbeitgeber oder aufgrund der wirtschaftlichen Lage im entsprechenden Berufsfeld gar nicht möglich. Zudem müsste in einem Gesetz oder in einer Verordnung genau und abschliessend definiert werden, was ein freiwilliger Einkommensverzicht sei.
Sonst müssten die Mitarbeitenden der SVA Aargau eine individuelle Beurteilung der Lebensführung eines Antragsstellers vornehmen. Und bei Familien mit Kindern sei die Beurteilung des angemessenen Teilzeiterwerbs besonders schwierig.
Die Herausforderungen einer Typisierung
«Eine Typisierung aller Familien auf ein zumutbares Erwerbspensum bei verschiedenen Familienkonstellationen erfordert eine Vielzahl regulatorischer Präzisierungen und ginge potenziell mit einem Verlust der Einzelfallgerechtigkeit einher», hält der Regierungsrat fest. «Ob sich für die Betroffenen wirtschaftlich ein höheres Pensum durch gleichzeitige Fremdbetreuungskosten und allenfalls höhere Steuerabgaben überhaupt lohnen würde, ist je nach Einkommenshöhe ebenfalls fraglich».










