PFAS-Alarm auf der Piste: Jeder Dritte fährt mit Gift-Skiwachs!
Trotz Umweltbelastung greifen Skifahrer und Langläufer noch immer zu altem Fluorwachs. Fachleute fordern mehr Aufklärung und klare Kennzeichnung der Produkte.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Empa fand beim Engadin Skimarathon hohe PFAS-Werte durch verbotenen Fluorwachs.
- Trotz Verbot nutzen viele Sportler weiterhin umweltschädlichen Fluorwachs.
- Neben zunehmenden Verboten brauche es mehr Aufklärung, fordern Fachleute.
Der Engadin Skimarathon hat in diesem Jahr unsichtbare, aber giftige Spuren hinterlassen: Forschende fanden auf der Langlaufstrecke deutlich erhöhte PFAS-Werte. Es handelt sich um Rückstände aus fluorhaltigem Skiwachs.
Besonders hoch waren die Konzentrationen direkt beim Start, wo die Abriebe der frisch präparierten Ski am stärksten sind. Nach zwei Kilometern blieben zwar deutlich weniger Industriechemikalien im Schnee zurück, doch auch dort waren sie noch klar nachweisbar.
Verboten – und doch verbreitet
Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa spricht von einer unnötigen Belastung und warnt vor den Folgen für Mensch und Natur. Denn: Mit der Schneeschmelze gelangen die giftigen Stoffe in umliegende Böden oder direkt in Seen.
Besonders brisant: Fluorwachs ist am «Engadiner», genauso wie bei sämtlichen FIS-Rennen, mittlerweile verboten. Dennoch wird er weiterhin rege eingesetzt.
Wie verbreitet die PFAS-haltigen Skiwachse noch sind, lässt sich schwer sagen. Laut einem Bericht des Bundesamts für Umwelt lag deren Marktanteil im Jahr 2020 bei 30 Prozent. Markus Zennegg vom Empa-Analysezentrum schätzt daher, dass heute noch immer zehn bis maximal 30 Prozent der Freizeitsportler die Produkte verwenden.
«Was ich habe, brauche ich noch»
Dass trotz zunehmender Verbote noch immer zu den umweltschädlichen Gleitschichten gegriffen wird, habe mit Unwissenheit, aber auch mit Bequemlichkeit zu tun.
Viele Skifahrer und Langläufer wollen schlicht ihre Altbestände loswerden – ganz nach dem Motto: «Was ich habe, brauche ich noch», sagt Zennegg. Auch die Hoffnung auf spürbar bessere Gleiteigenschaften spiele mit.
Von Rückständen betroffen sind der Boden und später die Gewässer – und damit auch Fische sowie Nutztiere auf belasteten Flächen. Immerhin: Die bisher gemessenen Mengen in den Oberengadiner Böden und Fischen seien gering, sagt Zennegg.
PFAS-Belastung über Skiwachs wohl «nicht akut problematisch»
Wie bedeutsam der Beitrag von Skiwachs im Vergleich zu anderen PFAS-Quellen ist, lässt sich bisher nicht abschliessend beziffern.
Was sind PFAS?
PFAS ist die Abkürzung für eine grosse Gruppe von mehreren tausend Industriechemikalien. Gemeinsam ist ihnen, dass sie extrem widerstandsfähig sind. Ihre speziellen Fluor-Kohlenstoff-Verbindungen machen sie fast unzerstörbar – in der Umwelt bauen sie sich kaum ab. Deshalb werden PFAS oft auch «Ewigkeitschemikalien» genannt.
Über ihre genauen gesundheitlichen Folgen wird noch geforscht. Klar ist jedoch: PFAS stehen im Verdacht, Organe zu schädigen, das Hormonsystem zu beeinflussen und das Krebsrisiko zu erhöhen. Einmal in der Umwelt, können sie sich zudem in Tieren und Menschen anreichern.
Laut ETH-Umweltchemiker Martin Scheringer kann zwar der Abrieb vieler Langläufer zu lokal deutlich erhöhten Konzentrationen führen.
Aber: «Im Vergleich zu anderen PFAS-Verwendungen wie beispielsweise Feuerlöschschäume ist der Einsatz im Skiwachs geringfügig. Und mittlerweile sollten solche Wachse sowieso nicht mehr im Gebrauch sein.»
Zennegg stimmt dem grundsätzlich zu: «Akut problematisch ist die PFAS-Belastung über Skiwachs wahrscheinlich nicht. Trotzdem sollte die unnötige PFAS-Belastung der Umwelt vermieden und PFAS-freier Wachs im Skisport verwendet werden.»
Fachleute fordern Aufklärung statt nur Verbote
Ein Verbot allein reicht aus Sicht der Fachleute nicht. Es brauche «eine gute und kontinuierliche Aufklärung der Freizeitsportler» und den Hinweis auf funktionierende Alternativen, fordert Zennegg.
Scheringer plädiert für Transparenz und mehr Druck von Konsumentinnen und Konsumenten. «Eine Kennzeichnung beziehungsweise proaktive Betonung fortschrittlicher Marken, dass Produkte PFAS-frei sind, hilft», sagt er.
Entscheidend sei letztlich, die Stoffe grundsätzlich in möglichst vielen Bereichen zu ersetzen. Nicht nur auf der Loipe, sondern weit über den Wintersport hinaus.











