UN-Kommission sieht Hinweise auf «Kriegsverbrechen» Israels gegen Palästinenser

AFP
AFP

Genève,

Eine Untersuchung im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats sieht Hinweise auf «Kriegsverbrechen» Israels gegen palästinensische Zivilisten im Gazastreifen.

Journalist
Verletzter Journalist am 5. Oktober 2018 - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Untersuchungsbericht wirft Armee schwere Vergehen vor.

Das Vorgehen israelischer Soldaten gegen Demonstranten im vergangenen Jahr im Grenzgebiet könnte in einigen Fällen auf «Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen», heisst es in einem am Donnerstag vorgelegten Bericht des Vorsitzenden der Unabhängigen UN-Untersuchungskommission, Santiago Cantón. Israel wies die Befunde umgehend als «feindselig und voreingenommen» zurück.

Der Tatbestand des Kriegsverbrechens betreffe Fälle, in denen israelische Scharfschützen gezielt auf Journalisten, Sanitäter, Kinder und Behinderte geschossen hätten, die «klar als solche erkennbar» gewesen seien, erklärte Cantón. Es gebe hinreichenden Grund zu der Annahme, dass die Soldaten Palästinenser erschossen oder durch Schüsse verletzt hätten, «die weder direkt an Feindseligkeiten beteiligt waren noch eine unmittelbare Bedrohung darstellten».

Zweifellos hätten israelische Soldaten bei den Einsätzen gegen palästinensische Zivilisten «das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte verletzt», resümierten die Experten. Im Untersuchungszeitraum vom 30. März 2018 bis Jahresende seien «mehr als 6000 unbewaffnete Demonstranten» von den Kugeln israelischer Scharfschützen getroffen worden.

Israels Aussenminister Israel Katz wies die Befunde der Kommission empört zurück. «Keine Institution kann Israel das Recht auf Selbstverteidigung absprechen», erklärte Katz. Israel habe die «Pflicht, seine Bürger und Grenzen vor gewaltsamen Angriffen zu schützen». Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter, der UN-Menschenrechtsrat habe «neue Rekorde an Heucheleien und Lügen» erreicht. Diese seien auf seinen «obsessiven Hass auf Israel» zurückzuführen.

Israel verwies auch auf sein Recht auf Selbstverteidigung angesichts von Angriffen der im Gazastreifen regierenden radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas. Die Untersuchungskommission erklärte in ihrem Bericht, dass bei den Palästinenser-Demonstrationen «einige erhebliche Gewaltakte» begangen worden seien. Dabei habe es sich aber «nicht um Kampfhandlungen oder einen Militäreinsatz» gehandelt. Es seien vielmehr zivile Demonstrationen «mit klar erkennbaren politischen Zielen» gewesen.

Der ranghohe Hamas-Vertreter Bassem Naim sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Bericht zeige, dass Israel «eindeutige Kriegsverbrechen» begangen habe. Dafür müsse es zur Rechenschaft gezogen werden.

Die Kommission erstellte eine «vertrauliche Liste» mit mutmasslichen Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen. Diese Liste soll der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, zur Weiterleitung an den Internationalen Strafgerichtshof überstellt werden. Möglich seien individuelle Strafmassnahmen wie Reisebeschränkungen oder das Einfrieren von Konten, hiess es. Ein ausführlicherer Bericht soll dem UN-Menschenrechtsrat am 18. März vorgelegt werden.

Die Demonstranten forderten von Israel, seine seit mehr als zehn Jahren bestehende Blockade der Palästinenserenklave zu beenden. Ausserdem demonstrierten sie für das Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge, die im Zuge der «Nakba» (Katastrophe) bei der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 vertrieben wurden. Bei den Demonstrationen wurden seit März 2018 mindestens 251 Palästinenser und zwei israelische Soldaten getötet.

Die Kundgebungen hatten im vergangenen Jahr fast wöchentlich an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel stattgefunden. Die Kommission stützte ihre Befunde nach eigenen Angaben auf die Befragung von 325 Opfern und Augenzeugen, auf die Auswertung von etwa 8000 Dokumenten-Seiten und auf die Sichtung von Ton- und Bildaufnahmen. Israel habe wiederholte Bitten der Kommission um den Zugang zu Informationen nicht beantwortet.

Israel hat dem UN-Menschenrechtsrat wiederholt anti-israelische Voreingenommenheit unterstellt. Die USA zogen sich inzwischen ganz aus dem Gremium zurück - auch aus Protest gegen dessen Haltung gegenüber Israel.

Kommentare

Weiterlesen

Gen Z Mann
66 Interaktionen
Schaden statt Nutzen
Weisser Hai
241 Interaktionen
Weisser Hai in Adria

MEHR IN POLITIK

Paul Sutter (FDP)
9 Interaktionen
Paul Sutter
13. AHV-Rente Finanzierung
166 Interaktionen
Debatte
Demonstration für die Pflegeinitiative.
16 Interaktionen
Pflegeinitiative
Rathaus in Glarus
5 Interaktionen
Chur

MEHR AUS GENèVE

Schweden WEURO 2025
4 Interaktionen
An WEURO 2025
Rinderseuche
5 Interaktionen
Tierseuche in Frankreich
FC Zürich
157 Interaktionen
Transfer-Karussell
Hitzewelle
41 Interaktionen
30 Tage über 30 Grad