Die Ukraine hat den jüngsten Regierungschef ihrer Geschichte: Das Parlament in Kiew billigte am Donnerstag mit deutlicher Mehrheit den von Staatschef Wolodymyr Selenskyj vorgeschlagenen Kandidaten Olexii Gontscharuk für das Amt des Ministerpräsidenten.
Olexii Gontscharuk
Olexii Gontscharuk - AFP
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Wunschkandidat Selenskyjs kündigt Kampf gegen Korruption an.

Bei seiner Rede im Parlament kündigte der 35-jährige Jurist einen entschiedenen Kampf gegen die Korruption im Land an.

«Mehr als zehn Millionen Menschen in unserem Land leben unter der Armutsgrenze. Wir haben einen Krieg im Osten, und zu alledem haben wir noch die Korruption», sagte Gontscharuk. «Wir müssen sie stoppen - und das werden wir», sagte er unter Applaus.

Gontscharuk gehört Selenskyjs Partei Diener des Volkes an. Selenskyj war im Mai ins Amt gekommen. Bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Juli hatte seine neu gegründete Partei die absolute Mehrheit errungen. Am Donnerstag kam das neu gewählte Parlament zu seiner ersten Sitzung zusammen.

Gontscharuk ersetzt den bisherigen Regierungschef Wolodymyr Groisman, der bereits nach Selenskyjs Amtsantritt im Mai seinen Rücktritt angeboten hatte. Gontscharuk ist in der ukrainischen Öffentlichkeit kaum bekannt. Bevor er im Mai als Chefberater für wirtschaftliche Fragen in die Selenskyjs Regierung kam, leitete er die von der EU geförderte Denkfabrik BRDO in Kiew, die sich der Verbesserung des unternehmerischen Klimas in der Ukraine verschrieben hat.

Wie ein Grossteil der Vertreter der Diener des Volkes ist Gontscharuk ein absoluter Polit-Neuling. «Eine neue Generation ist an die Macht gekommen», sagte er bei seiner Antrittsrede. Selenskyj betonte, die Abgeordneten hätten die «Chance, in die Geschichtsbücher einzugehen als das Parlament, dem das Unmögliche gelungen ist: alles umzusetzen, was in den vergangenen 28 Jahren» - also seit dem Ende der Sowjetunion nicht angegangen worden sei.

Auch weitere zentrale Ministerposten wurden am Donnerstag neu besetzt. Neuer Aussenminister ist Wadim Prystaiko, der versprach, sich für den Beitritt der Ukraine in die EU und die Nato einzusetzen. Der ehemalige Berater für Verteidigungsfragen, Andrii Sagorodnyuk übernimmt das Verteidigungsministerium. Ein Freund Selenskijs aus Kindertagen, Iwan Bakanow, wurde zum Leiter der Geheimdienste ernannt - eine Funktion, die er in den vergangenen Monaten bereits kommissarisch innehatte. Allein zwei Minister bleiben auf ihren bisherigen Posten: Finanzministerin Oksana Markarowa und Innenminister Arsen Awakow.

Selenskyj hatte im Wahlkampf versprochen, mit einer Regierung aus neuen Gesichtern und Experten eine Reihe an Wirtschaftsreformen durchzusetzen. Zudem kündigte er an, den Krieg in der Ostukraine zu beenden. Seit dem Ausbruch des Konflikts zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten im Frühjahr 2014 wurden bereits mehr als 13.000 Menschen getötet.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

ParlamentRegierungschefKorruptionKriegEURegierungNATOWahlkampf