Tunesien: Jura-Professor Saïed und Medienmogul Karoui in Stichwahl
Bei der Wahl um das Präsidentschaftsamt in Tunesien holten beim ersten Wahlgang zwei politische Aussenseiter die meisten Stimmen.

Das Wichtigste in Kürze
- Zwei politische Aussenseiter zogen in Tunesien in die Präsidentschafts-Stichwahl ein.
- Jura-Professor Saïed holte 18,4 Prozent der Stimmen, Medienmogul Karoui 15,6 Prozent.
- Die Stichwahl soll am 6. oder 13. Oktober stattfinden.
Der Jura-Professor Kaïs Saïed und der inhaftierte Medienmogul Nabil Karoui haben es in die Stichwahl um das Präsidentenamt geschafft: Saïed holte im ersten Wahlgang am Sonntag in Tunesien 18,4 Prozent der Stimmen, wie die Wahlbehörde gestern Dienstag mitteilte.
Karoui kam demnach als Zweitplatzierter auf knapp 15,6 Prozent. Zwei Dutzend Kandidaten waren in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl angetreten. Die Stichwahl findet im Oktober statt.
Das Wahlergebnis ist ein herber Rückschlag für die herrschende politische Klasse in Tunesien. Sie führt das Land seit dem Sturz von Diktator Zine El Abidine Ben Ali vor acht Jahren an. Saïed und Karoui gelten beide als politische Aussenseiter.
Stichwahl in Tunesien am 6. oder 13. Oktober
Die Stichwahl soll nach Angaben der Wahlbehörde parallel zur Parlamentswahl am 6. Oktober oder eine Woche später abgehalten werden.
Prominente Parteienvertreter fuhren im ersten Wahlgang enttäuschende Ergebnisse ein: Der Kandidat der im Parlament dominierenden Partei Ennahdha, Abdelfattah Mourou, landete mit knapp 12,9 Prozent auf dem dritten Platz.

Für Regierungschef Youssef Chahed reichte es mit einer Zustimmung von 7,4 Prozent gerade einmal für den fünften Platz.
Saïed distanzierte sich von Parteien
Der unabhängige Jura-Professor Saïed hatte sich im Wahlkampf bewusst von allen Parteien distanziert und auf einen Tür-zu-Tür-Wahlkampf gesetzt.

Karoui wiederum hatte sich in den vergangenen Jahren einen Ruf als Wohltäter aufgebaut. Er verteilte unter anderem vor den Kameras seines Senders Nessma TV Elektrogeräte oder Nahrungsmittel an Arme.
Karoui war nur wenige Tage vor Wahlkampfbeginn wegen des Verdachts der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung in Untersuchungshaft genommen worden.
EU lobte Wahlrunde als «transparent»
Die Europäische Union lobte die erste Wahlrunde am Sonntag als «transparent». Die Abstimmung sei ein weiterer Schritt zum Aufbau der tunesischen Demokratie, die für die Region ein Vorbild sei. Das erklärte der Chef der EU-Beobachtermission, Fabio Massimo Castaldo. Zugleich bemängelte er offenbar mit Blick auf den inhaftierten Karoui, dass nicht alle Kandidaten die «gleichen Chancen» gehabt hätten.
Gegen Karoui gibt es allerdings auch Vorwürfe wegen unzulässiger Wahlwerbung in seinem eigenen Fernsehkanal. Es habe Verstösse gegeben, die nun untersucht würden, sagte am Dienstag der Chef der Wahlbehörde, Nabil Baffoun. Diese seien aber «nicht entscheidend gewesen und wir müssen die Stimmen der Wähler respektieren».