Ein Zuger SVP-Politiker und der Präsident eines prorussischen Vereins waren zur Wahlbeobachtung in Belarus. Die Partei will davon nichts gewusst haben.
Belarus SVP Wahlbeobachter
Transparenz und Fairness sieht anders aus: Alexander Lukaschenko wird in Belarus wiedergewählt – ohne Opposition. Zwei Schweizer Wahlbeobachter loben den Prozess dennoch. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Zuger SVP-Kantonsrat Patrick Kretz war in Weissrussland zur Beobachtung der Wahlen.
  • Sein Freund Wilhelm Wyss war auch vor Ort – die Wahlen seien «fair und frei» abgelaufen.
  • Die SVP Zug will von der Exkursion ihres Parteimitgliedes aber nichts gewusst haben.
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Die belarussischen Parlamentswahlen haben international für Aufsehen gesorgt. Nicht wegen ihrer Transparenz oder Fairness – im Gegenteil: Menschenrechtsorganisationen weltweit verurteilen die Wahlen als weder frei noch fair.

Alexander Lukaschenko, der 69-jährige Autokrat von Belarus, sicherte sich erneut einen Sieg für seine Partei: Ein Ergebnis, das viele auf massive Wahlfälschung zurückführen. Die Opposition wurde ausgeschlossen und Exilanten durften nicht wählen. Zudem wurden keine Wahlbeobachter von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zugelassen.

Trotzdem präsentierte Lukaschenkos Regime am Wahltag internationale Beobachter – darunter auch zwei Schweizer, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet: Patrik Kretz und Wilhelm Wyss. Und allen Kontroversen zum Trotz lobten die zwei Schweizer Politiker das Wahlverfahren im osteuropäischen Land.

Schweizer Lob für belarussische (Schein)-Wahlen

Patrik Kretz ist ein 30-jähriger Kantonsrat aus dem Kanton Zug und Mitglied der SVP. Er reiste ohne das Wissen seiner Partei nach Belarus zur Wahlbeobachtung. «Nach allem, was wir heute gesehen haben, können wir sagen, dass alles gut organisiert ist!» Dies sagte er laut dem Online-Nachrichtenportal «Belarus heute» vor den Medien in Weissrussland.

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Patrik Kretz ist ein 30-jähriger Kantonsrat aus dem Kanton Zug und Mitglied der SVP. Er reiste ohne das Wissen seiner Partei nach Belarus zur Wahlbeobachtung. - SVP Kanton Zug

Philip C. Brunner, der Fraktionspräsident der SVP, gab an, nichts von den Reiseplänen seines Parteikollegen gewusst zu haben. Thomas Werner, der Zuger SVP-Parteichef, betonte ebenfalls, dass Kretz ohne Wissen und Zustimmung der Partei gereist sei.

Neben seiner Rolle in der SVP ist Kretz auch Vorstandsmitglied des Vereins «Jugend für Ehe und Familie». Der Verein setzt sich für traditionelle Familienwerte ein und lehnt gleichgeschlechtliche Ehen sowie Geschlechtsanpassungen ab.

Bekannter Putin-Freund als Wahlbeobachter

Der zweite Schweizer vor Ort war Wilhelm Wyss: Der 24-jährige Baselbieter ist Präsident des gleichen Vereins, wo auch Kretz Mitglied ist. Er lobte den belarussischen Wahlprozess: Dieser habe «die höchsten Kriterien erfüllt», sagte er.

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Der zweite Schweizer Wahlbeobachter war Wilhelm Wyss: Der 24-jährige Baselbieter ist Präsident des Vereins «Jugend für Ehe und Familie». Die Wahl habe «die höchsten Kriterien erfüllt».
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Auf diesem über X (ehemals Twitter) geteilten Foto posiert Wilhelm Wyss mit einem Porträit von Wladimir Putin – und trägt das russische Kriegssymbol «Z» auf der Brust.

Wyss wurde vom belarussischen Aussenministerium zur Wahlbeobachtung eingeladen, welches auch die Kosten für seine Reise übernahm. Er bezeichnete die Parlamentswahlen als «frei und fair». Eine Aussage, die im starken Kontrast zu den Berichten internationaler Menschenrechtsorganisationen steht.

In einem Telefongespräch aus Belarus sagte Wyss: «Belarus ist ein grossartiges Land!» Er fügte hinzu: «Staaten, die vom Westen sanktioniert werden, befinden sich immer auf der richtigen Seite der Geschichte.»

Wyss ist bekannt für seine Bewunderung osteuropäischer Autokraten. Er hat in der Vergangenheit auf Twitter die russische Eroberung ukrainischer Städte gefeiert. Ausserdem posierte er stolz mit einem T-Shirt, das das russische Kriegssymbol «Z» und ein Gemälde von Wladimir Putin zeigt. 2023 hat er den «Verein Russisch-Schweizerischer Freundschaft» (VRSF) gegründet.

Glauben Sie, dass bei den Wahlen in Belarus alles mit rechten Dingen zuging?

Laut dem belarussischen Oppositionsmedium «Reform» waren über 20 Wahlbeobachter aus verschiedenen Ländern anwesend: Darunter Vertreter der Alternative für Deutschland und der italienischen kommunistischen Splitterpartei Patria Socialista. Wyss spricht seinerseits von «mehreren hundert Wahlbeobachtern». Für ihn sei es eine grosse Ehre gewesen, dabei sein zu können.

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