Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dem letzten DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière anlässlich seines 80. Geburtstag am kommenden Montag «weltgeschichtliche Singularität» bescheinigt.
Lothar de Maizière im Januar 2020
Lothar de Maizière im Januar 2020 - POOL/AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Dank für «wahrhaft anwaltlichen Einsatz» für Bürger der ehemaligen DDR.

Es gebe nicht viele Beispiele dafür, dass ein Regierungschef «das Ende seines eigenen Staates bewusst mit herbeiführt, damit es friedlich und geordnet zugeht», schrieb Steinmeier am Freitag.

Dieses Ende habe de Maizière zusammen mit seiner ganzen Regierung und «mit der übergrossen Mehrheit» seiner Mitbürger schliesslich auch noch «als glückliches Ziel seines politischen Handelns begreifen» können, fügte der Bundespräsident hinzu. Er bescheinigte dem CDU-Politiker, der heute als Rechtsanwalt in Berlin tätig ist, in diesem Sinne «eine weltgeschichtliche Singularität» sowie eine «Ihnen eigene Mischung aus Bescheidenheit und Selbstbewusstsein».

Steinmeier dankte de Maizière für seinen Beitrag zur friedlichen Vereinigung Deutschlands und «für manche entschiedene und deutliche Wortmeldung, wenn Sie Fehler und Ungerechtigkeiten in der nun schon 30-jährigen Geschichte der Einheit deutlich beim Namen nannten». Dank gebühre de Maizière auch für seinen «wahrhaft anwaltlichen Einsatz für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, die mit Ihnen die Lebenserfahrung der DDR geteilt haben».

De Maizière stammt aus einem Hugenotten-Geschlecht aus Nordhausen am Harz. Der Jurist und Cousin des früheren Bundesinnenministers Thomas de Maizière (CDU) war ursprünglich Musiker und hatte an der Ost-Berliner Musikhochschule Bratsche studiert. Zu DDR-Zeiten machte sich Lothar de Maizière in Oppositionskreisen durch die Verteidigung von Wehrdienstverweigerern und politisch Verfolgten einen Namen.

Seit 1956 Mitglied der Ost-CDU, löste de Maizière im November 1989 Gerald Götting an der Spitze der ehemaligen Blockpartei ab. Unter seiner Führung gab sich die CDU ein neues, marktwirtschaftlich orientiertes Programm und ging mit der Deutschen Sozialen Union und dem Demokratischen Aufbruch die «Allianz für Deutschland» ein.

Als engagierter Protestant - er wurde 1986 Vizepräses der Bundessynode der evangelischen Kirchen der DDR - wahrte er zur Führung seiner Partei jedoch Distanz. Dem noch amtierenden Kabinett Hans Modrow gehörte de Maiziere von November 1989 als stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Kirchenfragen an.

Nach dem überraschenden Sieg der CDU bei der ersten freien Volkskammerwahl am 18. März 1990 bildete de Maizière dann eine Koalition mit SPD und Liberalen.Am 12. September 1990 unterzeichnete er für die DDR die Bedingungen für die Vereinigung im «2+4»-Vertrag. Im Streit über den Einigungsvertrag zerbrach die Koalition.

Neben anderen DDR-Politikern trat de Maizière einen Tag nach der Wiedervereinigung als Minister für besondere Aufgaben am 4. Oktober in die gesamtdeutsche Bundesregierung ein. Wegen Stasivorwürfen trat er zunächst vorläufig zurück. Nach dem Zerwürfnis mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) zog sich de Maizière dann im September 1991 endgültig aus der Politik zurück.

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