Kurz vor dem Wahlsonntag schrecken neue Spekulationen über einen Fraktionsaufstand gegen Andrea Nahles die SPD auf.
SPD-Chefin Andrea Nahles
SPD-Chefin Andrea Nahles - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • SPD-Politiker dementieren Pläne für Ablösung.

Der «Spiegel» berichtete, Nahles habe den Abgeordneten Martin Schulz wegen eines möglichen Putschversuchs zur Rede gestellt. Schulz habe grundsätzliche Erwägungen in diese Richtung nicht bestritten. Prominente Sozialdemokraten dementierten umgehend jegliche Pläne für eine Ablösung der Partei- und Fraktionschefin und mahnten zur Konzentration auf die Wahlen.

Der «Spiegel» berichtete am Freitag unter Berufung auf übereinstimmende Angaben aus Parteikreisen, Nahles habe Ex-Parteichef Schulz bei einem vertraulichen Treffen unter vier Augen konfrontiert. Sie habe gehört, dass Schulz sie an der Fraktionsspitze ablösen wolle, sagte Nahles demnach Schulz. Dieser habe akute Putschpläne bestritten, nicht aber seine grundsätzlichen Überlegungen.

Im Gespräch mit Nahles entwarf Schulz laut «Spiegel» ein Szenario, wonach sie wieder das Arbeitsministerium übernehmen könnte. Er habe zuvor in zahlreichen Gesprächen seine Chancen sondiert und klargestellt, er wolle nur für den Fraktionsvorsitz antreten, wenn Nahles den Posten abgeben sollte. Regulär muss sie sich Ende September zur Wiederwahl stellen.

Erst am vergangenen Wochenende hatte die «Welt am Sonntag» berichtet, nach Wahlschlappen der SPD bei der Europawahl und der Bürgerschaftswahl in Bremen an diesem Sonntag solle Nahles dazu bewegt werden, den Fraktionsvorsitz abzugeben. Als möglicher Nachfolger wurde demnach Fraktionsvize Achim Post genannt, der dem rechten Flügel der SPD zugerechnet wird. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil bezeichnete den Bericht als «eine Ente».

Auch der «Spiegel»-Bericht stiess umgehend auf Widerspruch. Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, sprach von «alten Gerüchten», die derzeit von unterschiedlichen Journalisten «aufgewärmt» würden. «An der Sache ist nichts dran», sagte Kahrs dem «Handelsblatt». Nahles bleibe Fraktionsvorsitzende.

SPD-Parteivize Ralf Stegner sagte dem SWR: «Ich glaube all den Dingen, die da berichtet werden, kein Stück.» Es sei immer interessant, über Personal zu spekulieren, «aber ich halte davon gar nichts».

Stegner mahnte die Partei zur Disziplin. Wenn die Menschen den Eindruck hätten, «die SPD kämpft untereinander, dann wählen die uns bestimmt nicht».

Von der SPD-Fraktion war keine konkrete Stellungnahme zu dem «Spiegel»-Bericht zu erhalten. Eine Sprecherin sagte der Nachrichtenagentur AFP lediglich, Nahles und Schulz führten «regelmässig» Gespräche. Dabei handele es sich um «interne» Unterredungen.

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) stellte sich in einem vor Bekanntwerden des «Spiegel»-Berichts geführten Interview hinter Nahles. Auf die Frage, ob sie weiter unangefochten an der Spitze von Partei und Fraktion stehe, sagte er der «Passauer Neuen Presse»: «Eindeutig ja». Auch von der Fortsetzung der grossen Koalition ist Scholz überzeugt. «Die Regierung ist bis 2021 gewählt und wird ihr Mandat erfüllen», sagte er.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer bezweifelt dies. «Das ist das sprichwörtliche Pfeifen im Walde», erklärte er zu Scholz' Äusserungen. «Die 'Groko' ist stehend k.o. - inhaltlich und personell.»

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