Ringen in Koalition um Grundrente geht weiter
Das Ringen zwischen Union und SPD um die Grundrente geht auch nach dem Spitzentreffen der Koalition vom Sonntag weiter.

Das Wichtigste in Kürze
- Teil-Abschmelzung des Soli soll auf den Weg gebracht werden.
Das Bundesarbeitsministerium teilte dazu am Montag in Berlin mit, Ressortchef Hubertus Heil (SPD) und Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) würden in den kommenden zwei bis drei Wochen ein Grundsatzpapier erstellen, das Grundlage für eine Lösung sein solle. Bei der Soli-Abschmelzung bleibt es wohl vorerst bei einer Entlastung des grössten Teils der Steuerzahler.
SPD-Vize Manuela Schwesig betonte, die Grundrente sei gerade für viele Menschen in Ostdeutschland eine wichtige soziale Frage. Es gebe dort viele Menschen, die nach der Wende «für wenig Geld gearbeitet haben» und daher jetzt nur «eine Minirente» bekämen. Diese Menschen «müssen bei der Rente besser gestellt werden», forderte die kommissarische Parteichefin, denn «sie haben sie sich verdient».
Über die Grundrente, die Bezieher kleiner Renten besser stellen soll, besteht in der Koalition grundsätzlich Einigkeit. Während aber Heil als Voraussetzung 35 Beitragsjahre vorsieht, pocht die Union auf eine Bedürftigkeitsprüfung. Die Koalitionseinigung sieht nun vor, dass über die Vorlage von Heil und Braun die Koalitionsspitzen erneut beraten sollen, um eine Einigung zu erzielen.
Die Bedürftigkeitsprüfung ist auch im Koalitionsvertrag vorgesehen. Gleichwohl pochte Schwesig auf eine weitergehende Lösung: «Wir wollen eine Grundrente, die diesen Namen verdient», sagte sie in Berlin. Der sächsische SPD-Chef Martin Dulig warf in Dresden der Union eine «Hinhalte- und Blockadetaktik» vor. Nach Berechnungen der SPD würden von einer Grundrente nach den Plänen von Heil mehr als zwei Millionen Menschen profitieren, von dem Konzept der Union dagegen nur etwa 100.000 Menschen.
Meinungsverschiedenheiten gibt es zwischen Union und SPD auch weiterhin zur Abschmelzung des Solidaritätszuschlages. Die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer hob hervor, die Koalition habe sich bereits vor Wochen auf das Konzept von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) verständigt, das für rund 90 Prozent der Steuerzahler eine vollständige und für weitere 6,5 Prozent eine teilweise Entlastung vorsieht.
Daher habe es dazu am Sonntag auch keine neuen Entscheidungen gegeben, sagte Dreyer, denn «das war schon alles verabredet». Vielmehr solle das Vorhaben jetzt wie von Scholz geplant in das Gesetzgebungsverfahren gehen.
Die Union drängt zumindest mittelfristig auf eine vollständige Abschaffung des Soli. Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus räumte allerdings in der ARD ein, dass CDU und CSU dies vorläufig nicht durchsetzen könnten, weil der Koalitionsvertrag nur die Teil-Abschaffung vorsieht. Hier müsse die Union jetzt vertragstreu sein.
«Wir werden jetzt das umsetzen, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist. Also das, was Olaf Scholz dann auch auf unser Bitten angekündigt hat, dass für über 90 Prozent der Soli-Zahler der Soli wegfällt», sagte Brinkhaus. Der CDU-Politiker äusserte die Erwartung, dass es auf dieser Basis in den kommenden zwei Wochen eine Einigung geben werde.
Scharfe Kritik kam von der FDP. Deren Fraktionsvize Christian Dürr nannte das teilweise Festhalten am Soli gegenüber der Nachrichtenagentur AFP einen «Verfassungsbruch» und sprach von einer «Niederlage der Union auf ganzer Linie».