Prozess im Fall von «NSU 2.0»-Drohschreiben beginnt abald

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Deutschland,

Im Fall der Drohbriefserie mit der Unterschrift «NSU 2.0» beginnt am 16. Februar der Prozess vor dem Landgericht Frankfurt am Main.

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Justitia - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Ab dem 16. Februar steht in Deutschland ein Drohbriefschreiber vor Gericht.
  • Der 53-Jährige muss sich wegen Beleidigung und versuchter Nötigung verantworten.
  • Er soll 116 Drohschreiben mit der Unterschrift «NSU 2.0» verschickt haben.

Ein 53-Jähriger muss sich wegen Beleidigung in 67 Fällen und versuchter Nötigung verantworten, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte. Er soll zwischen August 2018 und März 2021 in Deutschland insgesamt 116 Drohschreiben mit der Unterschrift «NSU 2.0» verschickt haben.

Die Schreiben mit volksverhetzenden, beleidigenden und drohenden Inhalten gingen an Politiker und andere öffentliche Persönlichkeiten. Darunter befanden sich Bundestagsabgeordnete, Parlamentarier des hessischen Landtags, eine Frankfurter Anwältin sowie Künstler und Menschenrechtsaktivisten. Das Kürzel «NSU 2.0» nimmt Bezug auf die rechtsextremistische Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU).

Drohbriefe in Form eines Gerichtsurteils verfasst

Die Drohbriefe waren häufig in Form eines behördlichen Schreibens oder eines Gerichtsurteils verfasst. Der erwerbslose Mann unterzeichnete sie laut Anklage regelmässig mit «Heil Hitler», sich selbst habe er «SS-Obersturmbannführer» genannt. Er drohte den ausschliesslich weiblichen Adressatinnen unter anderem mit Worten wie «verpiss dich lieber, solange du hier noch lebend rauskommst». Oder damit, dass Familienangehörige «mit barbarischer sadistischer Härte abgeschlachtet» würden.

Um seine Drohwirkung zu verstärken, soll der Beschuldigte zum Teil nicht frei zugängliche Daten der Betroffenen genannt haben. Die Daten seiner Opfer soll er sich telefonisch bei hessischen Polizeidienststellen erschlichen haben.

Telefon
Der Drohbriefschreiber erschlich sich Telefonnummern. - Keystone

Bei einer Berliner Zeitung soll er sich zudem als angeblicher Polizist eine Handynummer erschlichen haben. Spuren wiesen deshalb immer wieder zur Polizei selbst. Der Anfangsverdacht, Polizeibeamte selbst könnten an der Datenabfrage beteiligt gewesen sein, bestätigte sich laut Staatsanwaltschaft nicht.

Zudem wirft die Anklage dem Mann Bedrohung, Volksverhetzung, öffentliche Aufforderungen zu Straftaten und den Besitz von Kinderpornografie vor. Weitere Anklagepunkte sind das Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und die Störung des öffentlichen Friedens. Zudem werden ihm ein tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte sowie ein Verstoss gegen das Waffengesetz zur Last gelegt.

Angeklagter ist vorbestraft

Den Ermittlern zufolge ist der Mann vorbestraft und wurde zuletzt 2014 verurteilt. Bereits im Jahr 1992 gab er sich als Kriminalbeamter aus und wurde in diesem Zusammenhang wegen Amtsanmassung verurteilt.

Auf seine Spur kamen die Ermittler nach eigenen Angaben durch Ermittlungsarbeit vor allem in Internetblogs und -foren. Auf der Plattform «PI-News» stiess die Polizei auf einen Nutzer, dessen Beiträge Ähnlichkeiten mit den «NSU 2.0»-Drohschreiben aufwiesen.

Anfang Mai vergangenen Jahres wurde der Mann in Berlin festgenommen, im Oktober erhob die Frankfurter Staatsanwaltschaft Anklage. Bis Ende April sind zunächst 14 Verhandlungstermine angesetzt.

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