Rund zwei Jahre nach der Ermordung des Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak hat die oppositionelle Anti-Korruptions-Partei Olano die Parlamentswahl in der Slowakei am Wochenende klar gewonnen.
Wahlsieger Igor Matovic von der Olano-Partei
Wahlsieger Igor Matovic von der Olano-Partei - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Wähler strafen regierende Smer-SD zwei Jahre nach Journalistenmord ab.

Die Mitte-rechts-Partei kam laut amtlichem Endergebnis vom Sonntag auf 25 Prozent der Stimmen. Die linkspopulistische Smer-SD von Ministerpräsident Peter Pellegrini wurde abgestraft und kam nur noch auf 18,3 Prozent und 38 Sitze.

«Die Leute wollen, dass wir in der Slowakei aufräumen. Sie wollen, dass wir die Slowakei zu einem fairen Land machen, in dem die Gesetze für alle gelten», sagte der frühere Medienunternehmer und Olano-Vorsitzende Igor Matovic in Bratislava.

Die von ihm angestrebte Koalition dürfte mit 78 von 150 Sitzen die absolute Mehrheit erreichen: Mit 25 Prozent der Stimmen gehen 53 Sitze an seine Olano-Partei gehen, 13 an die liberale SaS sowie zwölf an die ebenfalls liberale Partei Za Ludi («Für das Volk») des ehemaligen Präsidenten Andrej Kiska. Neben diesen beiden absehbaren Koalitionspartnern will Matovic zudem Gespräche mit der rechtspopulistischen SME Rodina aufnehmen, der 17 Sitze zufallen.

Er habe bereits ein Telefongespräch mit Präsidentin Zuzana Caputova geführt und werde sich am Montag oder Dienstag mit ihr treffen, sagte der Wahlsieger. Er sei sich aber «nicht sicher», ob er Regierungschef werden würde, sagte Matovic. Dies hänge vom Erfolg der Koalitionsgespräche ab. Zudem habe Caputova «die Macht, zu entscheiden». Die Staatschefin schrieb im Online-Dienst Facebook, sie werde am Montag ihre «nächsten Schritte» ankündigen.

«Wir werden versuchen, die beste Regierung zu bilden, die die Slowakei jemals hatte», versprach Matovic. Die slowakische Verfassung sieht keine Frist für die Regierungsbildung vor, die Staatschefin muss aber innerhalb von 30 Tagen nach Veröffentlichung der Wahlergebnisse die erste Sitzung des neuen Parlaments einberufen.

Die Partei Gewöhnliche Leute und unabhängige Personen (Olano) vertritt eine klare Anti-Korruptions-Haltung und positionierte sich im Wahlkampf als Gegenstück zu den etablierten Parteien.

«Es war der Tod von Jan Kuciak und Martina Kusnirova, der die Slowakei aufgeweckt hat», sagte Matovic. Der Journalist und seine Verlobte waren im Februar 2018 in ihrem Haus in Velka Maca erschossen worden. Der Reporter hatte zur Korruption recherchiert, vor allem zu Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und slowakischen Politikern. Der mutmassliche Drahtzieher der Tat hatte Kontakte bis in höchste Regierungskreise - dafür wurde die Smer-SD nun abgestraft.

Der bisherige Ministerpräsident Pellegrini erkannte seine Niederlage an. Zugleich kritisierte er, dass Matovic nur wegen «guter Werbung» gewonnen habe. «Aber das reicht nicht, um zu regieren.» Mit den Worten «Sag niemals 'nie'» zeigte Pellegrini sich offen für eine «Koalition der Versöhnung» mit Olano. Zugleich gestand er ein, dass die Entscheidung darüber beim Wahlsieger liege. «Auf keinen Fall. Wir verhandeln nicht mit der Mafia», sagte Olano-Chef Matovic.

Drittstärkste Kraft wurde die rechtspopulistische Partei SME Rodina mit 8,2 Prozent der Stimmen, dicht gefolgt von der ultrarechten Partei LSNS mit 8,0 Prozent. Die Partei von Marian Kotleba hetzt gegen Roma und Migranten, fordert den NATO-Austritt und steht der EU feindselig gegenüber. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 65 Prozent und damit höher als 2016, als sich 59 Prozent der Bürger an der Parlamentswahl beteiligt hatten.

Der Mord an Kuciak und die posthume Veröffentlichung eines Artikels von ihm hatten Massendemonstrationen gegen die slowakische Regierung ausgelöst und schliesslich zum Rücktritt des damaligen Ministerpräsidenten Robert Fico geführt. Er spielt in der slowakischen Politik und als Chef der Smer-SD aber weiterhin eine wichtige Rolle. Erst am Freitag vergangener Woche waren in der Slowakei erneut mehr als 10.000 Menschen auf die Strasse gegangen, um Kuciak und seiner Verlobten zu gedenken.

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