Die dreitägigen Parlamentswahlen in Russland haben begonnen. Dabei wurden die Oppositionellen ausgeschlossen, zudem gab es schon mehrere Manipulationsvorwürfe.
Wahlplakat der kremlnahen Partei «Einiges Russland». Foto: Dmitri Lovetsky/AP/dpa
Wahlplakat der kremlnahen Partei «Einiges Russland». Foto: Dmitri Lovetsky/AP/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Russland hat die dreitägigen Parlamentswahlen begonnen.
  • Bei der Wahl werden oppositionelle Parteien nicht berücksichtigt.
  • Dem Kreml wurde seit Beginn der Wahlen mehrfach Manipulation vorgeworfen.

Unter weitgehendem Ausschluss prominenter Oppositioneller hat in Russland die dreitägige Parlamentswahl begonnen. Rund 110 Millionen Menschen sind dabei aufgerufen, bis Sonntag die 450 Abgeordneten der neuen Staatsduma zu bestimmen.

In vielen Regionen werden zeitgleich Regional- und Stadtparlamente gewählt. Die Kremlpartei Geeintes Russland will ihre absolute Mehrheit in der Duma verteidigen. Bereits am ersten Tag der Wahlen gab es viele Manipulationsvorwürfe.

Möglichkeit der Online-Abstimmung

Die Behörden wiederum beklagten Cyberangriffe aus den USA, aus Deutschland und der Ukraine auf die diesmal teilweise mögliche Online-Abstimmung. Die Behauptung der Angriffe liess sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen.

Auch Präsident Wladimir Putin gab bereits am Freitag seine Stimme in dem elektronischen Verfahren ab. Für ihn ist die Duma-Wahl ein wichtiger Stimmungstest. Er hatte die Kremlpartei im Wahlkampf demonstrativ unterstützt.

Die liberale Oppositionspartei Jabloko veröffentlichte ein Video im Internet von einer langen Warteschlange vor einem Wahllokal in Moskau. Viele Staatsbedienstete seien aufgefordert gewesen, ihre Stimme bis zur Mittagszeit abzugeben, berichtete das unabhängige Internetportal meduza.io.

Abstimmung über Verfassungsänderung
Die Wahlen werden erstmals auf drei Tage ausgedehnt. Grund dafür ist die Corona-Pandemie. - dpa

Das Staatsfernsehen nutzte Bilder aus den Wahllokalen, um von einem grossen Andrang bei der Abstimmung zu berichten. Die Behörden hatten die Wahl erstmals auf drei Tage angesetzt. Dies, damit die Wähler in der Corona-Pandemie keinen Menschenauflauf an den Urnen befürchten müssten.

Druck auf Wähler

Es gab zahlreiche Berichte über Druck auf Wähler im Staatsdienst, ihre Stimme für die Kremlpartei abzugeben. Die Wahlbeobachterorganisation Golos sprach von Dutzenden Verstössen. Die Organisation veröffentlichte Fotos und Videos davon, wie vorausgefüllte Wahlzettel packenweise in die Wahlurnen gestopft wurden. Vielerorts fiel auch die Videoübertragung aus den Wahllokalen aus.

Dagegen lobte die Leiterin der zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa, den Start der Abstimmung als einwandfrei. Bei 14 zugelassenen Parteien hätten die Wähler eine sehr grosse Auswahl, sagte sie. Bisher sind in der Duma vier Parteien vertreten.

Neben Geeintes Russland sind das die Kommunisten, die rechtspopulistische LDPR und die Partei Gerechtes Russland. Diese Parteien gelten als systemtreu und vom Kreml gesteuert. Eine echte Opposition gibt es im russischen Parlament bisher nicht.

Oppositionelle beklagen staatliche Repressionen

Oppositionelle, Menschenrechtler und unabhängige Journalisten haben in den Monaten vor der Wahl immer wieder massive staatliche Repressionen beklagt. Unterstützer des im Straflager inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny wurden gar nicht erst als Kandidaten zugelassen. Viele Internetseiten der Opposition sind blockiert. Der Internetriese Google und der Konzern Apple entfernten eine Protestwahl-App Nawalnys aus ihren russischen Stores.

Der im Straflager inhaftierte 45-Jährige hatte die Methode des «schlauen Abstimmens» entwickelt. So soll das Machtmonopol der Kremlpartei Geeintes Russland gebrochen werden.

Ukraine Krieg
Der Kremlgegner Alexei Anatoljewitsch Nawalny im Gerichtssal. (Archivbild) - dpa

Das Verfahren sieht vor, dass die Wähler für den aussichtsreichsten Kandidaten stimmen sollen, der nicht der Kremlpartei Geeintes Russland angehört. Davon profitierten vor allem die Kommunisten. Auch unter Oppositionellen ist dieses Verfahren teils umstritten.

Kremlsprecher Dmitri Peskow begrüsste die Entscheidungen von Google und Apple. Die beiden US-Konzerne hielten so «gesetzliche Anforderungen» ein.

Verbot von Nawalnys Organisationen

Nawalnys Organisationen waren vor einigen Wochen in Russland als extremistisch eingestuft und damit faktisch verboten worden. Dies löste internationalen Protest aus. Der Nawalny-Vertraute Iwan Schdanow bezeichnete das Vorgehen als «beschämenden Akt der politischen Zensur.»

Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch warnte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur DPA vor massiven Stimmfälschungen. Dies insbesondere mit Blick auf die elektronische Stimmabgabe, die erstmals bei einer Duma-Wahl in einigen russischen Regionen möglich ist.

Es fehle an Kontrollmechanismen, beklagte Jarmysch. «Am Ende können sie eine beliebige Zahl nennen, die man nicht überprüfen kann. Das ist einfach Gaunerei», sagte die 31-Jährige.

Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bleiben der Abstimmung fern. Die zentrale russische Wahlkommission hatte keine ausreichende Zahl an Experten zugelassen.

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