Die Indiskretionen aus der Union beim ersten schwarz-gelben Sondierungsgespräch stossen nicht nur bei der FDP, sondern auch in den Reihen der Grünen auf scharfe Kritik.
Paul Ziemiak, Volker Wissing und Markus Blume am Sonntag
Paul Ziemiak, Volker Wissing und Markus Blume am Sonntag - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Teilnehmer der schwarz-gelben Gespräche hatten «Bild» informiert.

«Das hat uns schon schwer irritiert», sagte Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner am Dienstag in der Sendung «Frühstart» von RTL/ntv. Mit Blick auf das am Vormittag anstehende Gespräch von Grünen und Union sagte Kellner, er habe «die Sorge», dass auch da nicht alles geheim bleibe.

Kellner betonte, es sei in allen Runden Vertraulichkeit vereinbart worden. «Dass man dann die Kommunikation über die 'Bild'-Zeitung betreibt, wirft kein gutes Licht auf die Zustände in der Union», sagte er. Es sei «auffällig», dass aus dem einzigen Sondierungstreffen mit Beteiligung der Union etwas bekannt geworden sei.

Aus dem Gespräch zwischen CDU/CSU und FDP am Sonntagabend waren trotz vereinbarter strenger Vertraulichkeit Informationen an die «Bild»-Zeitung gegeben worden. So wurden angebliche Äusserungen der teilnehmenden FDP-Politiker zitiert. FDP-Vize Johannes Vogel und weitere Parteikollegen kritisierten dies scharf.

Vogel schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter: «Es gab vergangenes Wochenende drei Sondierungsgespräche, an denen ich für die @fdp auch teilgenommen habe. Aus zweien liest und hört man nix. Aus einem werden angebliche Gesprächsinhalte an die Medien durchgestochen. Das fällt auf, liebe Union - und es nervt!»

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir sagte am Montagabend in der Sendung «RTL direkt» zum Verhalten auf Seiten der Union, das sei nicht gerade ein Vertrauensbeweis: «Erstens interne Führungsprobleme und dann das Problem, dass die eigenen Reihen nicht mal den Mund halten.» Das sei ein Signal, dass die Union ein massives Problem habe, so Özdemir.

Auch bei der SPD sorgen die Indiskretionen bei der CDU/CSU für Unverständnis. «Beim Hauptwahlverlierer Union geht es drunter und drüber», sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner dem «Handelsblatt». «Interne Konflikte, Führungslosigkeit und Bruch der Vertraulichkeit passen ins Bild und dokumentieren die Oppositionsbedürftigkeit und Regierungsunfähigkeit von CDU und CSU», fügte er hinzu.

Stegner sagte, die SPD strebe eine «progressive Reformkoalition» mit Grünen und FDP an. «Auf dem Weg dahin sind Professionalität und Vertraulichkeit bei den Sondierungen erforderlich und selbstverständlich», betonte der SPD-Politiker.

Am Sonntag hatten sich zunächst SPD und FDP zu einem Sondierungsgespräch getroffen, am Abend sprachen dann SPD und Grüne sowie Union und FDP miteinander. Nur aus diesem Treffen gelangten Gesprächsinhalte in die Öffentlichkeit.

Vor allem Grüne und FDP hatten im Vorfeld der Sondierungen die Notwendigkeit von grosser Vertraulichkeit betont und auf das schlechte Beispiel von 2017 verwiesen. Bei den damaligen Sondierungen für eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen waren fortlaufend Informationen nach draussen gelangt. Die Gespräche scheiterten schliesslich nach vier Wochen.

Das Ergebnis der Bundestagswahl vom 26. September lässt neben einer SPD-geführten Ampel-Koalition auch ein unionsgeführtes Jamaika-Bündnis jeweils mit Grünen und FDP zu; rechnerisch ist auch eine SPD-geführte grosse Koalition möglich.

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