Niedersachsen verhängt wegen Corona sofortigen Aufnahmestopp für Pflegeheime
Nach zahlreichen Corona-Toten in einem Wolfsburger Pflegeheim hat Niedersachsen einen sofortigen Aufnahmestopp für alle entsprechenden Einrichtungen verhängt.

Das Wichtigste in Kürze
- Bereits 17 Tote in Wolfsburger Einrichtung - Infektionen auch in anderen Heimen.
Die Massnahmen seien zur Sicherheit der durch das Virus besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen unumgänglich, sagte Landessozialministerin Carola Reimann (SPD) am Montag in Hannover. Ausnahmen gebe es nur für Pflegeheime, die eine 14-tägige Quarantäne für neue Bewohner garantieren könnten, sowie spezielle Kurzzeitpflegeeinrichtungen.
Eine strikte Abschottung besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen sei das «einzige Mittel, das wir derzeit gegen das Coronavirus haben», sagte die Ministerin. Die bereits erlassen Massnahmen zur Kontaktreduktion müssten daher weiter verschärft werden. Vorgänge wie die in dem Wolfsburger Heim zeigten die «ganze Gefährlichkeit» des Erregers. Forderungen nach Lockerungen nannte sie «Gerede». Solche Ideen setzten das Leben tausender Menschen «aufs Spiel».
In Wolfsburg starben wegen des seit Tagen andauernden Corona-Ausbruchs im Hanns-Lilje-Heim nach Angaben der Stadtverwaltung bislang 17 Menschen. Gesundheitsbehörden und Betreiber arbeiteten demnach mit Hochdruck daran, die Lage in den Griff zu bekommen. Eine ähnlich dramatische Entwicklung gab es in einem Altenheim im bayerischen Würzburg. Dort starben bisher 13 Bewohner nach einer Corona-Infektion.
In Wolfsburg stoppte darüber hinaus auch das örtliche Klinikum weitgehend die Aufnahme neuer Patienten, nachdem sich Mitarbeiter mit dem Virus angesteckt hatten. Einzige Ausnahmen sind nach Angaben der Stadt die Notaufnahme der Kinderklinik und der Kreisssaal. Vorerst wird in der Klinik jedes Zimmer möglichst nur mit einem Patienten belegt. Alle Patienten tragen Mundschutz. Auch das Personal trägt mindestens Mundschutz, in sensiblen Bereichen immer Schutzausrüstung.
Nach Reimanns Angaben dürfen die Pflegeheime in Niedersachsen zum Schutz der Bewohner nun bis auf Weiteres keine neuen Bewohner mehr aufnehmen. Weiterhin gestattet ist dies nur in Einrichtungen, die eine 14-tägige Quarantäne für Neuankömmlinge gewährleisten können. Ausserdem bleiben mehrere speziell für diese Aufgabe ausgesuchte Einrichtungen der Kurzzeitpflege für Menschen geöffnet, die etwa nach einem Krankenhausaufenthalt dringend Pflegeplätze benötigen.
«Nur Distanz hilft», betonte die Ministerin. Sie ermahnte auch die Krankenhäuser erneut, für die strikte Trennung von infizierten und nicht infizierten Patienten zu sorgen. Scharfe Kritik übte Reimann am Verhalten von Angehörigen von Pflegeheimbewohnern, die die bereits seit längerem geltenden Kontaktverbote ignorierten. Es lägen «zahlreiche Hinweise» auf Verstösse vor. Bewohner seien sogar mit in Cafés genommen worden.
Am Wolfsburger Klinikum liefen Tests der 150 Mitarbeiter und 250 Patienten auf eine mögliche Infektion. Die Ergebnisse wurden nach Angaben der Stadt für den Montagabend erwartet. Danach sollte der Krisenstab weiter entscheiden. Bekannt war bereits, dass sich 14 Mitarbeiter mit dem Virus ansteckten. Die Versorgung war laut Reimann nicht gefährdet. Die Region um Wolfsburg sei gut mit Krankenhäusern ausgestattet.
In dem Wolfsburger Hanns-Lilje-Heim wütet das Coronavirus seit Tagen unter den grösstenteils demenzkranken Bewohnern. Bis Montag stieg die Zahl der Toten auf 17. Alle Bewohner wurden getestet, Infizierte von anderen isoliert. Der Krisenstab entschied sich gegen eine bereits vorbereitete Evakuierung der Gesunden in ein Hotel, weil solche Veränderungen Demenzerkrankungen verschlimmern. Laut Landesregierung werden derweil auch mögliche Verstösse des Betreibers gegen Meldepflichten geprüft.
Auch in Alten- und Pflegeheime in anderen Bundesländern gibt es schwere Corona-Infektionswellen. Die Zahl der Toten im Seniorenheim St. Nikolaus in Würzburg erhöhte sich bis Montag auf 13. Dort liefen nach Angaben des Landkreises Würzburg Tests unter Patienten sowie Beschäftigten. Das Heim sollte vorerst ebenfalls nicht geräumt werden. Auch in Jessen in Sachsen-Anhalt gibt es einen Ausbruch in einem Pflegeheim, durch den ein Bewohner starb. 19 Bewohner und sieben Mitarbeiter steckten sich dort an.