Nato sieht vor Gipfel «nie dagewesenen Fortschritt» bei Verteidigungsausgaben
Vor dem Nato-Gipfel in London hat die Allianz eine positive Bilanz zu der von US-Präsident Donald Trump geforderten Erhöhung der Verteidigungsausgaben gezogen.

Das Wichtigste in Kürze
- Stoltenberg zieht vor Treffen in London mit US-Präsident Trump positive Bilanz .
Zwischen 2016 und 2020 belaufe sich die Steigerung bei den europäischen Verbündeten und Kanada auf 130 Milliarden Dollar (118,1 Milliarden Euro), sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag. Er sprach von einem «nie dagewesenen Fortschritt», der die Allianz stärker machen werde.
Die Nato-Staats- und Regierungschefs kommen am Dienstag und Mittwoch in Grossbritannien zusammen, um das 70-jährige Bestehen der Allianz zu begehen. US-Präsident Trump verlangt, dass alle Nato-Mitglieder bis zum Jahr 2024 «mindestens zwei Prozent» der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben. Trump kritisierte in den vergangenen Jahren regelmässig das wirtschaftsstarke Deutschland, das sich auf Kosten der USA beschützen lasse.
Erstmals gab Stoltenberg nun eine Schätzung ab, um wieviel die Verteidigungsausgaben bis 2024 steigen werden. Ab 2016 gerechnet würden die europäischen Verbündeten und Kanada 400 Milliarden Dollar (363 Milliarden Euro) mehr ausgegeben haben, sagte er. Dabei gehe es nicht darum, Trump «zufriedenzustellen». Die Europäer und Kanada «sollten investieren, weil wir uns neuen Herausforderungen gegenüber sehen. Unser Sicherheitsumfeld ist gefährlicher geworden.»
Neun der 29 Nato-Mitglieder erreichen oder überschreiten Stoltenberg zufolge in diesem Jahr das Zwei-Prozent-Ziel: die USA (3,42 Prozent), Bulgarien (3,25 Prozent), Griechenland (2,28 Prozent), Grossbritannien (2,14 Prozent), Estland (2,14 Prozent), Rumänien (2,04 Prozent), Litauen (2,03 Prozent), Lettland (2,01 Prozent) und Polen (2,0 Prozent).
Deutschland kommt nach Nato-Daten 2019 auf 1,38 Prozent. Ziel der Bundesregierung ist es, bis zum Jahr 2024 1,5 Prozent zu erreichen. Stoltenberg zufolge werden dann die meisten Nato-Mitglieder das Zwei-Prozent-Ziel schon erfüllen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Mittwoch, Deutschland wolle dies in den 2030er Jahren schaffen.
Der Gipfel in Watford bei London dürfte aber dieses Mal weniger von Trump als von den jüngsten Äusserungen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron geprägt sein. Er hatte der Nato Anfang November den «Hirntod» bescheinigt. Macron begründete dies mit einer mangelnden Koordination der USA mit den Europäern und dem «aggressiven» Vorgehen des Nato-Mitglieds Türkei in Nordsyrien.
Im Bündnis stiess die drastische Wortwahl des französischen Präsidenten auf Unverständnis. Offene Kritik an Macron äusserten osteuropäische Regierungen, weil der Präsident auch die Meinung vertrat, dass Europa sich selbst verteidigen könne. Sie sehen sich direkt durch Russland bedroht sehen und keinesfalls auf den Schutz der USA verzichten wollen.
Auf Ablehnung stiess im Bündnis auch ein Brief Macrons an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. In dem Schreiben zeigt sich der französische Präsident bereit, das russische Angebot eines Moratoriums über atomare Mittelstreckensysteme zu prüfen.