Nach der Anordnung, zehn westliche Diplomaten auszuweisen, muss Erdogan viel Kritik einstecken. Zu den betroffenen Botschaften gehören auch die USA.
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Der Präsident der Türkei Recep Tayyip Erdogan. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der türkische Präsident Erdogan hat angeordnet, westliche Diplomaten auszuweisen.
  • Für diesen Entscheide bekommt er viel Kritik ab.
  • Es herrscht viel Irritation bei den betroffenen Länder.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auch in der Türkei viel Kritik geerntet. Dies aufgrund der Anordnung, zehn westliche Diplomaten auszuweisen. Es könne nicht im Interesse des Landes sein, die Sache zu einer noch grösseren Krise zu machen. So der ehemalige Präsident Abdullah Gül am Montag in der oppositionsnahen Zeitung Sözcü.

Gül, früher Erdogan-Getreuer, hatte sich bereits zuvor kritisch gegenüber dem Präsidenten geäussert. Erdogan hatte am Samstag verkündet, er habe das Aussenministerium angewiesen, die Botschafter zehn westlicher Länder zu unerwünschten Personen zu erklären. Darunter Frankreich, Deutschland und die USA.

Sobald das türkische Aussenministerium dies den betroffenen Staaten offiziell mitgeteilt hat, müssen die Botschafter ihre Tätigkeit «innerhalb angemessener Frist» einstellen. Dies laut dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen. Bis Montagmittag gab es eine solche Mitteilung nach Angaben des Auswärtigen Amts noch nicht.

Irritation nach angedrohten Ausweisungen

Die deutsche Bundesregierung reagierte irritiert auf die von Erdogan angedrohte Ausweisung der Botschafter. Man nehme die Äusserungen «mit Sorge zur Kenntnis und auch mit Unverständnis», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Eine Reaktion werde es zunächst aber nicht geben.

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Recep Tayyip Erdogan bei einer Pressekonferenz. (Archivbild) - keystone

Die US-Botschaft in Ankara twitterte am Montag lediglich, man halte sich an Artikel 41 des Wiener Übereinkommens. Der weist Diplomaten unter anderem an, sich nicht in innere Angelegenheiten des Empfangsstaats einzumischen.

Man verfolge die Entwicklungen sehr genau und stufe die Situation als sehr ernst ein. So ein Sprecher des EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell. Bisher sei jedoch keines der betroffenen Länder über tatsächliche Massnahmen informiert worden.

Freilassung von türkischem Unternehmer als Hauptgrund

Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äusserte sich zurückhaltend. Bis Ergebnisse der Kontakte zwischen der Türkei und den jeweiligen Ländern bekannt würden, sei es zu früh, darüber zu sprechen. Betroffen sind neben Deutschland und den USA auch Frankreich, Kanada, Finnland, Dänemark, die Niederlande, Neuseeland, Norwegen und Schweden. Der finnische Präsident Sauli Niinistö sagte, über Medien habe man von der türkischen Reaktion gehört, nicht aber auf diplomatischem Wege.

Hintergrund der Äusserungen Erdogans ist eine Erklärung der zehn Botschafter von Anfang vergangener Woche. Darin fordern sie die Freilassung des türkischen Unternehmers und Kulturförderers Osman Kavala. Der 64-Jährige sitzt seit 2017 in Istanbul in Untersuchungshaft. Dies obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) schon 2019 seine Freilassung angeordnet hatte.

Osman Kavala
Osman Kavala, damaliger Vorsitzender des Kulturinstituts Anadolu Kültür, spricht auf einer Pressekonferenz im EU-Parlament. (Archivbild) - dpa

Kavala wird beschuldigt, die regierungskritischen Gezi-Proteste in Istanbul 2013 unterstützt und einen Umsturzversuch angezettelt zu haben. Ihm wird ausserdem «politische und militärischen Spionage» im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016 vorgeworfen. Kritiker sehen die Vorwürfe als politisch motiviert.

Auch im Inland schlägt Erdogan Kritik entgegen. Die Opposition warf Erdogan Ablenkungsmassnahmen von einer Wirtschaftskrise vor. Selbst in der regierungsnahen Zeitung Sabah forderte ein Kommentator die Regierung dazu auf, andere Lösungen zu finden. Dies um Spannungen in Konflikten mit anderen Staaten abzubauen.

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