Ministerpräsidentin Rehlinger wird neue deutsch-französische Kulturbevollmächtigte
Die designierte deutsch-französische Kulturbevollmächtigte Anke Rehlinger (SPD) hat Berichte über Spannungen im deutsch-französischen Verhältnis zurückgewiesen.

«Ich erlebe die deutsch-französische Freundschaft als sehr stabil», sagte Rehlinger am Freitag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. «Ich sehe keine Krisenszenarien», betonte sie. Sie verwies auf die «gelebte Nähe», die sie als Ministerpräsidentin des Saarlandes in der deutsch-französischen Grenzregion erlebe.
Es sei wichtig, dass die Beziehungen sich nicht in Grossveranstaltungen erschöpften wie dem deutsch-französischen Ministerrat. «Wichtig ist auch, was zwischen den Terminen stattfindet, nächste Woche ist der Bundeskanzler zum Beispiel zu Gesprächen in Paris», sagte sie. Am Mittwoch war ein lange geplantes Treffen beider Regierungen im französischen Fontainebleau kurzfristig abgesagt worden. Beide Seiten nannten sowohl logistische als auch inhaltliche Schwierigkeiten als Grund.
Die Konflikte betreffen vor allem die Energie- und Verteidigungspolitik. Eine für Montag geplante Präsidiumssitzung des Bundestages, der französischen Assemblée Nationale und des polnischen Sejms wurde aus Termingründen ebenfalls abgesagt.
Gerade in herausfordernden Zeiten sei die deutsch-französische Achse bedeutsam, auch im Blick auf Europa. In ihrem neuen Amt wolle sie sich unter anderem mit der Zukunft des deutsch-französischen Senders Arte befassen. «Wir brauchen weiterhin Kommunikationsplattformen für den deutsch-französischen und den europäischen Raum», betonte sie.
Auch der Spracherwerb der jeweiligen Partnersprache sei ein wichtiges Thema. «Wir müssen eine ehrliche Bestandsaufnahme machen», sagte Rehlinger. Die Zahlen der französischen Schülerinnen und Schüler, die Deutsch lernen, sind in den vergangenen Jahren drastisch gesunken. Auch in Deutschland geht die Zahl der Französischlernenden zurück.
«Das Saarland kann mit seiner besonderen Erfahrung ein gutes Beispiel für die nötigen Anstrengungen geben», sagte Rehlinger. Es müsse erklärt werden, wie wichtig der Spracherwerb in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum sei.
«Es ist unsere Aufgabe, dafür zu werben, die Sprache des Nachbarlandes nicht unter den Tisch fallen zu lassen», betonte die Ministerpräsidentin. Im Idealfall sollten Schülerinnen und Schüler sich nicht zwischen zwei Sprachen entscheiden müssen, sondern beide lernen. In Frankreich entscheiden sich immer mehr Lernende für Spanisch statt für Deutsch.
Der 60. Jahrestag des Élysée-Vertrags am 22. Januar 2023 sei ein guter Anlass, um die deutsch-französische Freundschaft zu festigen. Es gebe Überlegungen einer gemeinsamen Tagung des Bundestags mit der französischen Assemblée Nationale.
Die Kulturbevollmächtigte hat den Rang einer Bundesministerin. Sie vertritt die Interessen der Bundesländer in bildungspolitischen und kulturellen Angelegenheiten gegenüber Frankreich.
Rehlinger folgt in dem Amt auf den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU). Darauf einigten sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Rande ihrer Herbstkonferenz in Hannover. Die Entscheidung soll bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 2. November formalisiert werden.