Von der Leyens EU-Kommission kann mit klarer Parlamentsmehrheit starten
Ursula von der Leyens EU-Kommission kann mit einer klaren Parlamentsmehrheit im Rücken an den Start gehen.

Das Wichtigste in Kürze
- Neue Kommissionspräsidentin mit besserem Ergebnis als Juncker vor fünf Jahren.
Bei der Abstimmung im EU-Parlament in Strassburg am Mittwoch fiel die Unterstützung der Abgeordneten deutlich breiter aus, als noch im Juli bei von der Leyens Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin. Am 1. Dezember kann sie nun die Nachfolge des Luxemburgers Jean-Claude Juncker an der Spitze der Kommission antreten.
Von der Leyens Team erhielt die Stimmen der eigenen konservativen Fraktion sowie von nahezu allen Liberalen und Sozialdemokraten. Auch die Rechtskonservativen stimmten mehrheitlich mit «Ja». Gegen die neue Kommission votierten vor allem rechtspopulistische und linksgerichtete Abgeordnete. Enthaltungen kamen vornehmlich aus dem grünen Lager.
Mit 461 Ja-Stimmen, 157 Gegenstimmen und 89 Enthaltungen erzielte die CDU-Politikerin ein deutlich besseres Ergebnis, als bei ihrer Wahl zur Kommissionspräsidentin im Juli. Damals kam sie auf eine hauchdünne Mehrheit von neun Stimmen. Bei der geheimen Wahl hatte es mutmasslich viele Abweichungen von den jeweiligen Fraktionslinien gegeben, auch bei den Konservativen.
Mit 65,2 Prozent der abgegebenen Stimmen fiel die Zustimmung auch höher aus, als bei der Abstimmung über die amtierende Juncker-Kommission vor fünf Jahren. Der derzeitige Kommissionschef liess mittels seiner Sprecherin in Brüssel seine Glückwünsche übermitteln. Juncker sei sich sicher, dass er die Kommission in besten Händen lasse, sagte die Sprecherin.
Vor der Abstimmung hatte von der Leyen bei den Abgeordneten für einen Aufbruch in Europa geworben. «Ich bitte um ihre Unterstützung für einen Neustart», sagte sie. Die EU stehe in den kommenden Jahren durch den Klimawandel und die Digitalisierung vor einem tiefgreifenden Wandel, der jeden Teil der Gesellschaft erfassen und der «nicht einfach» werde.
Europa müsse «mutig» die Herausforderungen annehmen, fügte sie hinzu. So gebe es im Kampf gegen den Klimawandel angesichts der spürbaren Auswirkungen «keine Zeit mehr zu verlieren». Der Übergang müsse aber «gerecht» gestaltet werden und alle Bereiche der Gesellschaft mitnehmen. Nötig seien deshalb massive Investitionen, um diesen Wandel zu bewerkstelligen, forderte von der Leyen.
Einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung zufolge erwarten Europas Bürger zwar mehrheitlich, dass von der Leyen als Kommissionspräsidentin den Klimaschutz zur Priorität macht.
Der konservative Fraktionschef Manfred Weber (CSU), der als Spitzenkandidat bei der EU-Wahl selbst Ambitionen auf von der Leyens Posten gehegt hatte, lobte die ehemalige Bundesverteidigungsministerin dafür, die «schwierigen vergangenen Monate» gut gemeistert zu haben. Weil das EU-Parlament drei ursprüngliche Kommissarskandidaten abgelehnt hatte, musste der Amtsantritt verschoben werden.
Der Chef der Liberalen, Dacian Ciolos, lobte den Anhörungsprozess, bei dem die drei Kandidaten gescheitert, waren als «nie dagewesenen Dialog, um eine gemeinsame politische Agenda zu schaffen». Das Parlament habe seinen Teil dazu beigetragen, dass nun eine höchst ehrgeizige EU-Kommission an den Start gehen werde.
Die Sozialdemokraten, die im Juli nicht geschlossen für von der Leyen gestimmt hatten, begründeten ihre Unterstützung damit, dass sie in der Zwischenzeit wichtige Zugeständnisse gemacht habe. Fraktionschefin Iratxe García kündigte an, deren Einhaltung streng zu überwachen.
Die Grünen machten ihre Ablehnung vor allem an zwei Personalien fest: Zum einen sei der bisherige Konzernchef Thierry Breton als Industriekommissar ungeeignet. Zum anderen dürfe mit Oliver Varhelyi nicht ein Vertrauter des rechtskonservativen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban das Erweiterungsressort übernehmen.
Bundesaussenminister Heiko Maas twitterte seine Glückwünsche an von der Leyen und ihr Team. «Wir brauchen europäische Antworten auf die grossen Fragen unserer Zeit - heute, nicht übermorgen», fügte der SPD-Politiker hinzu. Stellvertretend für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sicherte Regierungssprecher Steffen Seibert der neuen EU-Kommission die Unterstützung Deutschlands zu.