Die französische Botschafterin in Deutschland, Anne-Marie Descôtes, attackiert mit scharfen Worten die deutsche Rüstungsexportpolitik.
Deutsche, europäische und französische Fahne
Deutsche, europäische und französische Fahne - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Botschafterin Descôtes sieht «schwerwiegende Folgen» für Zusammenarbeit.
Ad

Ihrem Eindruck nach sei «das deutsche Exportkontrollsystem nicht restriktiv, sondern unberechenbar», schrieb Descôtes in einem am Dienstag veröffentlichten Papier. Das Vorgehen richte sich offenbar vor allem nach der «aktuellen deutsche Innenpolitik» - und habe «schwerwiegende Folgen für unsere bilaterale Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich».

Französische und europäische Unternehmen hätten wegen der deutschen Haltung zunehmend Schwierigkeiten, schrieb Descôtes in einem Arbeitspapier für die Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Seien deutsche Komponenten in einem Produkt enthalten, und seien es auch nur Dichtungen oder Kugellager, so müssten die Firmen zum Teil mehr als ein Jahr auf eine deutsche Ausfuhrgenehmigung warten. Das ziehe unter Umständen hohe Vertragsstrafen und den Verlust weitere Aufträge nach sich.

Vor diesem Hintergrund entschieden sich «immer mehr» Unternehmen, auf deutsche Komponenten zu verzichten, schrieb die Botschafterin. «Sollte sich dieser Trend bestätigen, hätte das ernste und dauerhafte Konsequenzen für unsere Fähigkeiten zur Annäherung von Unternehmen und für die Umsetzung gemeinsamer Programme.» Hierdurch könne kurzfristig die «Autonomie Europas» gefährdet sein, warnte Descôtes.

Sie forderte, dass Deutschland und Frankreich eine sogenannte De-minimis-Regel vereinbaren - dann würde nur dasjenige Land über einen Rüstungsexport entscheiden, das den Grossteil des fraglichen Produkt herstellt. Dass Deutschland derzeit ein «Vetorecht» habe, selbst wenn es nur um die Verwendung «eines Schalters aus deutscher Herstellung» gehe, sei «schlicht unhaltbar», urteilte Descôtes.

Die aktuelle Diskussion entzündet sich am deutschen Rüstungsembargo gegen Saudi-Arabien, das noch bis Ende März läuft. Die SPD will eine Verlängerung, die Union lehnt dies ab. Im Laufe der Woche muss eine Entscheidung fallen - laut Regierungssprecher Steffen Seibert laufen dazu «intensive Gespräche» innerhalb der Bundesregierung. Aus Frankreich und Grossbritannien war bereits mehrfach Kritik an dem Exportstopp gekommen, weil dieser auch gemeinsam produzierte Rüstungsgüter trifft.

Linksfraktionsvize Sevim Dagdelen warnte die Bundesregierung davor, der Kritik nachzugeben. Die «Drohungen» von Descôtes seien «eine skandalöse Aufforderung zum Rechtsbruch», erklärte sie. Die Bundesregierung müsse vielmehr «gegenüber Paris auf eine Beachtung des Waffenexportstopps an die islamistische Kopf-ab-Diktatur in Saudi-Arabien dringen». Zugleich müsse eine «Verstetigung» des Embargos gegen Riad erfolgen und weitere am Jemen-Krieg beteiligte Länder müssten von Waffenexporten ausgenommen werden, insbesondere die Vereinigten Arabischen Emirate, erklärte Dagdelen.

Die abrüstungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Katja Keul, forderte die Regierung auf, sich für die Einhaltung der 2008 beschlossenen europäischen Rüstungsexportrichtlinien einzusetzen. Dies sei nötig, «damit deutsche und europäische Rüstungsexporte internationale Konflikte nicht weiter anheizen und letztlich auch die Sicherheit Europas gefährden».

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

RüstungsexporteSPD