EU geht gerichtlich gegen Kriminalisierung von Flüchtlingshilfe in Ungarn vor
Im Streit über den Umgang mit Flüchtlingen geht Brüssel nun gerichtlich gegen Ungarn vor: Wie die EU-Kommission am Donnerstag mitteilte, schaltet sie wegen der Kriminalisierung von Flüchtlingshilfe in Ungarn durch das so genannte «Stopp-Soros-Gesetz» den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ein.

Das Wichtigste in Kürze
- Kommission bringt Regierung Orban vor Europäischen Gerichtshof in Luxemburg.
Die Gesetzgebung in Ungarn führe zu einer Kriminalisierung der Flüchtlingshilfe und schränke das Asylrecht «weiter ein», rügte die Kommission.
Das im Juni 2018 vom ungarischen Parlament beschlossene Gesetzespaket firmiert wegen des ungarischstämmigen US-Milliardärs George Soros unter dem Namen «Stopp-Soros-Gesetz». Der rechtsnationale ungarische Ministerpräsident Viktor Orban wirft Soros vor, illegale Einwanderung in Ungarn über die Finanzierung von Hilfsorganisationen zu fördern.
Das umstrittene Gesetz verbietet Hilfeleistung für Asylbewerber im Namen einer Organisation. Es sieht bis zu ein Jahr Haft für Menschen vor, die einem Menschen helfen, der aus einem Land ausserhalb des Schengenraums illegal nach Ungarn eingereist ist, ohne dass sein Leben akut in Gefahr gewesen wäre.
Die EU-Kommission entschied sich nun zur Einschaltung des Europäischen Gerichtshofs, weil die meisten ihrer Bedenken in Budapest «weiter nicht beachtet» worden seien. Das ungarische Gesetz verstösst aus Sicht der Kommission in zwei Punkten gegen europäisches Recht, nämlich gegen die Regeln für Asylverfahren, die Vorgabe für die Aufnahme von Migranten und die Grundrechte-Charta.
Mit der Kriminalisierung von Hilfen für Asylsuchende schränke Ungarn deren Recht ein, «mit betroffenen nationalen, internationalen und Nichtregierungsorganisationen zu kommunizieren und von ihnen Hilfe zu erhalten», legte die EU-Kommission dar. Ausserdem habe Ungarn eine «illegale Einschränkung des Asylrechts» vorgenommen und «neue Gründe für die Unzulässigkeit von Asylanträgen» eingeführt.
Zwischen der EU und dem ungarischen Regierungschef gibt es zahlreiche Streitpunkte. Brüssel hält Orban vor, sich zusehends von den in der EU üblichen Demokratie- und Rechtsstaatsstandards zu entfernen.
Am Donnerstag leitete die EU-Kommission ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen die Regierung in Budapest ein. Darin geht es um Migranten, die in ungarischen Transitzonen an den Landesgrenzen festgehalten werden. Die Bedingungen, unter denen Migranten hier leben müssten, insbesondere die Verweigerung von Nahrungsmitteln, entspreche nicht den Vorgaben, hiess es aus Brüssel.
Orbans Regierung hat nun einen Monat Zeit, um auf diese erste Mahnung der EU-Kommission zu reagieren. Es handele sich um eine verkürzte Frist «angesichts der Dringlichkeit der Lage», hiess es aus Brüssel.