Noch keine Einigung bei der finanziellen Unterstützung von EU-Staaten in der Corona-Krise, aber immerhin eine gemeinsame Erklärung: Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich bei einem Video-Gipfel am späten Donnerstagabend angesichts einer Veto-Drohung Italiens nur mit grosser Mühe auf das weitere Vorgehen verständigen können.
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EU-Flagge - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Euro-Finanzminister sollen in zwei Wochen Vorschläge vorlegen.

Sie setzten den den Euro-Finanzministern eine Frist von zwei Wochen, um Vorschläge für die Unterstützung finanziell schwächerer EU-Länder zu unterbreiten.

Der per Video-Konferenz abgehaltene Gipfel hatte ursprünglich nur zwei Stunden dauern sollen. Italiens Regierungschef Giuseppe Conte drohte jedoch damit, eine gemeinsame Erklärung nicht mitzutragen, weil diese seiner Meinung nach nicht weit genug ging. Eine Einigung gab es schliesslich am späten Abend nach fast sechsstündigen Beratungen.

Ein Vorschlag Contes, dass die fünf Präsidenten der EU-Institutionen - EU-Kommission, Europaparlament, EU-Rat, Eurogruppe und Europäische Zentralbank - Vorschläge ausarbeiten sollten, wurde abgelehnt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, dies sei die «Verantwortung der Mitgliedstaaten». Denn diese müssten am Ende entscheiden. Dies lasse sich nicht auf die Institutionen «abwälzen».

Die Kanzlerin lehnte die Schaffung von sogenannten Corona-Bonds ab, die von neun EU-Ländern um Italien gefordert werden. Sie habe bei der Video-Konferenz klargemacht, dass sie dieses Vorhaben nicht unterstütze, sagte Merkel. Für sie sei der Euro-Rettungsfonds ESM «das präferierte Instrument, weil er wirklich für Krisenzeiten geschaffen wurde». Allerdings wurde auch der ESM in der Gipfel-Erklärung schliesslich nicht mehr erwähnt.

Er denke «nicht an die Vergemeinschaftung von Schulden», sagte Conte nach Angaben aus italienischen Regierungskreisen. Jedes Land sei für seine Staatsschulden verantwortlich. Auf die Corona-Krise müsse aber «mit innovativen und wirklich angemessenen Finanzinstrumenten» reagiert werden.

Auch etwa die Niederlande lehnen Corona-Bonds jedoch ab. «Ich kann mir keine Umstände vorstellen, in denen sich unsere Position ändern würde», sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte.

Italien ist mit rund 7500 Corona-Toten nicht nur das am schwersten von der Epidemie getroffene EU-Land. Es hat nach Griechenland mit einem Schuldenberg von über 130 Prozent der Wirtschaftsleistung auch den geringsten finanziellen Spielraum, um auf den Konjunktureinbruch infolge der Corona-Krise zu reagieren.

Eurogruppen-Chef Mario Centeno kündigte nach dem Gipfel ein Treffen der Euro-Finanzminister in der kommenden Woche an. Die Staats- und Regierungschefs wollen dann Merkel zufolge in zwei Wochen wieder konferieren.

Mit Blick auf den Einreisestopp an den EU-Aussengrenzen schlossen die EU-Chefs eine Verlängerung über die bisherigen 30 Tage nicht aus. Bei Grenzkontrollen innerhalb der EU verlangten sie, dass Probleme für Warenlieferungen «dringend» beseitigt werden müssten. Die EU-Kommission forderten sie auf, ihre Bemühungen um die gemeinsame Beschaffung von medizinischer Ausrüstung und Schutzkleidung fortzusetzen.

Gleichzeitig verlangten die Staats- und Regierungschefs die Entwicklung einer «Ausstiegsstrategie» für die Krisenmassnahmen. Nötig seien dafür ein «umfassender Erholungsplan und nie dagewesene Investitionen», um die wirtschaftlichen Folgen der Krise zu kompensieren, hiess es in der gemeinsamen Erklärung.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel sollen dazu einen Fahrplan ausarbeiten. Von der Leyen warnte, ohne enge Koordinierung der EU-Staaten bei der Rücknahme «untergraben wir die Wirksamkeit der harten, von uns ergriffenen Massnahmen». Es werde nun ein Plan ausgearbeitet, «wann und wie zum Beispiel von den Massnahmen der sozialen Distanzierung Abstand genommen werden kann».

Besonders zu Beginn des Ausbruchs der Pandemie in Europa hatten die einzelnen Länder sehr unterschiedlich reagiert. Mittlerweile gelten fast überall weitgehende Einschränkungen des öffentlichen Lebens, um soziale Kontakte und somit die Gefahr einer weiteren raschen Ausbreitung des Virus einzudämmen.

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