Wer in seiner Firma oder Behörde auf einen Missstand stösst, soll dies künftig einfacher und mit weniger Risiko melden können.
Bundestagssitzung
Bundestagssitzung - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Interne und externe Meldestellen vorgesehen.

Ein vom Bundestag am Freitag beschlossenes Gesetz sieht vor, dass dafür spezielle Meldestellen eingerichtet werden und die Hinweisgebenden keine beruflichen Nachteile erleiden dürfen. Während die Unionsfraktion die Neuregelung als zu bürokratisch kritisiert, geht sie der Linken nicht weit genug.

Das Gesetz, mit dem eine EU-Richtlinie umgesetzt wird, verpflichtet Firmen ab 50 Mitarbeitenden und Behörden, für die Anzeige von Verstössen interne Meldestellen einzurichten. Zusätzlich sind externe Meldestellen vorgesehen.

Die Schutzregelungen für Hinweisgebende sollen in bestimmten Fällen auch dann greifen, wenn sie sich an die Öffentlichkeit wendet. Erleiden sie entgegen der gesetzlichen Bestimmungen berufliche Repressalien, haben sie Anspruch auf Schadenersatz.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) betonte, mit dem neuen Gesetz würden auch die Firmen und Behörden geschützt. «Denn durch frühzeitiges Erkennen und Einschreiten lassen sich Haftungsansprüche und Reputationsschäden vermeiden, die mit einer späteren externen Aufdeckung möglicherweise verbunden wären», erklärte er.

Im parlamentarischen Verfahren hatte die Ampel-Koalition die Regierungsvorlage um Regelungen für den Fall erweitert, dass es bei einer Meldung um verfassungsfeindliche Äusserungen von Beamtinnen und Beamten geht. Auch dies fällt künftig unter den Hinweisgeberschutz.

Der FDP-Rechtspolitiker Stephan Thomae sagte dazu im Bundestag, es sei gerade nach den jüngsten Erkenntnissen zu einem Umsturz-Komplott in der Reichsbürgerszene und der Aufdeckung rechter Chatgruppen bei der Polizei «absolut richtig, dass Hinweisgeber auch geschützt werden müssen, wenn sie Verstösse gegen die Pflicht zur Verfassungstreue in Behörden melden.»

Thomae betonte ausserdem, mit dem neuen Gesetz «sorgen wir für den notwendigen Schutz hinweisgebender Personen, ohne dabei Unternehmen unnötig zu belasten». Der CDU-Rechtspolitiker Martin Plum kritisierte in der Debatte hingegen, dass «90.000 Unternehmen» in Deutschland durch das Gesetz «mit zusätzlichen Kosten und neuer Bürokratie» belastet würden. Das Gesetz sei insgesamt «rechtsunsicher» und «unpraktikabel», urteilte Plum.

Die Linke-Abgeordnete Clara Bünger lobte zwar, dass es nun überhaupt ein Gesetz gebe. Dieses weise aber «erhebliche Lücken» im staatlichen Anwendungsbereich auf. «Ein deutscher Edward Snowden wäre nach dem geplanten Gesetz nicht geschützt, denn Geheimdienste sind komplett ausgenommen und Behörden können Hinweise einfach unter den Teppich kehren, indem sie sie als Verschlusssache einstufen», beklagte Bünger. Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Snowden hatte Überwachungs- und Spionagepraktiken der US-Nachrichtendienste öffentlich gemacht.

In dem deutschen Gesetz sind unter anderem Angelegenheiten der Nachrichtendienste und der nationalen Sicherheit nicht von den Schutzvorschriften erfasst. Das kritisierte auch die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland. «Aus unserer Sicht sollte das Gesetz für sämtliche Rechtsverstösse und sonstiges Fehlverhalten gelten, dessen Meldung oder Offenlegung im öffentlichen Interesse liegt», erklärte der Transparency-Experte Sebastian Oelrich. Gerade im Bereich der nationalen Sicherheit und der sogenannten Verschlusssachen seien «Hinweisgebende für die Aufdeckung grosser Missstände besonders wichtig».

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