Bundesfamilienministerin Giffey kann Doktortitel behalten und erhält eine Rüge
Aufatmen in der SPD: Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) kann ihren Doktortitel behalten.

Das Wichtigste in Kürze
- Ministerin: Setze meine Arbeit nun mit «viel Freude» fort.
Die Freie Universität Berlin teilte am Mittwochabend mit, das Präsidium habe nach eingehender Prüfung und einer mehrstündigen Sitzung einstimmig beschlossen, Giffey für ihre Dissertation eine Rüge zu erteilen. Der 2010 verliehene Grad «Doktorin der Politikwissenschaft» werde ihr aber nicht entzogen. Giffey erklärte in Berlin, sie werde nun «mit grossem Engagement und viel Freude» ihre Arbeit als Familienministerin fortsetzen.
Nach dem Bekanntwerden von Plagiatsvorwürfen der Plattform Vroniplag hatte Giffey Anfang Februar 2019 um die Einleitung eines formellen Prüfverfahrens zu ihrer Dissertation gebeten. Zugleich betonte Giffey, sie habe ihre Doktorarbeit mit dem Titel «Europas Weg zum Bürger - Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft» «nach bestem Wissen und Gewissen verfasst».
Die monierten Textstellen wurden laut FU von einem Prüfungsgremium systematisch analysiert, um festzustellen, «ob eine Täuschung vorliegt». Die problematischsten Textstellen betrafen demnach überwiegend ein Kapitel zur Begriffsklärung. Die Dissertation sei eine Einzelfallstudie auf der Basis von Leitfadeninterviews «und leistet hier ihren wesentlichen Beitrag zum Kenntnisstand der empirischen Politikforschung über die EU-Politik», erklärte die Universität nun.
«Trotz der festgestellten Mängel» könne «nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden, dass es sich bei der Dissertation von Frau Dr. Giffey um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung handelt», erklärte die Universität. Das Gesamtbild der festgestellten Mängel habe die Entziehung des Doktorgrades daher nicht gerechtfertigt.
Aus Gründen der Verhältnismässigkeit halte das Präsidium aber eine Rüge für geboten. Damit werde missbilligt, dass Giffey in ihrer Dissertation «die Standards wissenschaftlichen Arbeitens nicht durchgängig beachtet» habe.
Giffey erklärte in Berlin, mit der Entscheidung des Präsidiums sei «nun Klarheit geschaffen». «Meine Arbeit als Bundesfamilienministerin setze ich weiter mit grossem Engagement und viel Freude fort.» Die 41-jährige Ministerin hatte im August angekündigt, von ihrem Amt als Ministerin zurückzutreten, sollte ihr der Doktortitel aberkannt werden. Auch auf eine Kandidatur für den Parteivorsitz verzichtete die beliebte SPD-Politikerin.
In den vergangenen Jahren hatte es in der deutschen Politik mehrere Plagiatsvergehen gegeben. Auch prominente Politiker wie der frühere Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und die ehemalige Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) waren betroffen. Sie verloren ihre Doktortitel oder gaben sie freiwillig ab.