Wieder eine Demütigung für Theresa May und wieder keine Klarheit: Auf der Suche nach einem Plan B für den Brexit haben sich die Abgeordneten im britischen Unterhaus mehr Einfluss verschafft.
Wieder eine Demütigung für May, wieder keine Klarheit.
Wieder eine Demütigung für May, wieder keine Klarheit. - UK PARLIAMENT/AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Nordirische DUP weiterhin gegen Mays Austrittsvertrag.
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Mit Probeabstimmungen wollen sie ab Mittwoch nach einem mehrheitsfähigen nächsten Schritt in Sachen Brexit suchen. Mays nordirische Verbündete machen ihr unterdessen neue Probleme.

Mit 329 zu 302 Stimmen hatten die Abgeordneten am Montagabend einen Antrag angenommen, der Probeabstimmungen über verschiedene Brexit-Szenarien am Mittwoch ermöglicht. Unterstützt wurde der beispiellose Schritt vor allem von pro-europäischen Abgeordneten, die entweder den Austritt Grossbritanniens aus der EU stoppen wollen oder nach einem Brexit auf sehr viel engere Wirtschaftsbeziehungen setzen, als es Mays Plan vorsieht.

Zu den Unterstützern des Antrags gehörten auch rund 30 konservative Abgeordnete. Drei Staatssekretäre aus Mays Regierung stimmten ebenfalls für die Vorlage und traten zurück. Industrie-Staatssekretär Richard Harrington warf der Premierministerin vor, ihr Vorgehen und die aktuelle Pattsituation hätten zu einem «Demokratiedefizit» in Grossbritannien geführt.

Die nordirische Democratic Unionist Party (DUP) kündigte am Dienstag an, sie wolle das von der britischen Premierministerin ausgehandelte Brexit-Abkommen weiterhin blockieren und sich stattdessen um einen längerfristigen Aufschub des Austrittsdatums bemühen.

DUP-Parteisprecher Sammy Wilson schrieb in einem Beitrag für die Tageszeitung «Daily Telegraph», seine Partei werde nicht für einen Austrittsvertrag «ohne Ergänzungen oder Änderungen» stimmen. Mays Minderheitsregierung ist im Unterhaus auf die Stimmen der DUP angewiesen.

Wilson kritisierte, einige Abgeordnete seien inzwischen der Meinung, dass der vorliegende Vertrag besser sei als gar kein Brexit. So hatte der konservative Brexit-Hardliner Jacob Rees-Mogg signalisiert, er werde möglicherweise Mays Plan unterstützen. Der Leiter der extrem konservativen European Research Group sagte in einem Podcast, das von May ausgehandelte Austrittsabkommen sei «besser, als die EU überhaupt nicht zu verlassen».

Britische Medien sehen May nach der Entscheidung der Abgeordneten für Probeabstimmungen in einer noch schlechteren Situation als zuvor: Die «Times» schrieb von einer «gedemütigten» Premierministerin, die «Financial Times» sieht die Gefahr, dass May «die Kontrolle über den Brexit verliert».

Hilary Benn, einer der Initiatoren der Abstimmung, sagte in einem Interview, am Mittwoch würden nun zunächst wohl eine ganze Reihe von Optionen auf den Tisch kommen. «Beim ersten Mal heisst es 'hier sind die Vorschläge', und dann stimmt man für so viele, wie man will», sagte der Labour-Politiker der BBC. Möglich sind dabei alle Vorschläge bis hin zu einem neuen Referendum oder einer Abkehr vom Brexit. Benn sagte weiter, in der kommenden Woche könne es dann Änderungen an der Vorgehensweise geben, um die Zahl der Szenarien nach und nach einzuschränken.

Was immer die Abgeordneten entscheiden, das Ergebnis ist für die Premierministerin nicht verbindlich. Sie hat bereits angekündigt, dass sie sich nicht an Abstimmungsergebnisse halten wird, die dem Parteiprogramm der Konservativen aus dem Jahr 2017 widersprechen. Darin hatten die Tories versprochen, Grossbritannien werde die Zollunion und den Europäischen Binnenmarkt verlassen.

Ob und wann May ihren Vorschlag erneut zur Abstimmung bringt, ist aber weiter unklar. Aus Regierungskreisen hatte es zuletzt geheissen, dies werde möglicherweise am Donnerstag geschehen.

Ursprünglich war der britische Austritt aus der Europäischen Union für diese Woche geplant gewesen. Nachdem May mit ihrem Austrittsvertrag jedoch in zwei Abstimmungen gescheitert war, hatte sie die EU um Aufschub gebeten. Sollte das britische Parlament das Austrittsabkommen diese Woche doch noch annehmen, wird der Brexit auf den 22. Mai verschoben. Ohne einen Beschluss müsste London die EU bis zum 12. April über das weitere Vorgehen informieren.

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