Der wegen Korruption verurteilte und inhaftierte brasilianische Ex-Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva ist am Freitag aus dem Gefängnis entlassen worden.
Lula nach seiner Entlassung
Lula nach seiner Entlassung - AFP
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • 74-Jähriger will «Kampf» für die Brasilianer fortsetzen.

Der linksgerichtete Ex-Präsident wurde von Anhängern jubelnd empfangen und kündigte an, er wolle den «Kampf» für die Brasilianer fortsetzen. Möglich geworden war die Haftentlassung durch ein Urteil des Obersten Gerichts.

Lula reckte seine Faust in die Luft, als er das Hauptquartier der Bundespolizei im südbrasilianischen Curitiba verliess, wo er inhaftiert war. Der 74-Jährige wurde umgehend von Unterstützern und Journalisten umringt.

«Ich dachte nicht, dass ich heute hier sein und mit Männern und Frauen sprechen könnte, die 580 Tage lang 'Guten Morgen, Guten Tag, Gute Nacht' gerufen haben, egal, ob es regnete oder 40 Grad heiss war», sagte Lula vor der jubelnden Menschenmenge mit Blick auf seine Unterstützer, die während seiner Inhaftierung in Curitiba für ihn demonstriert hatten.

Am Donnerstag hatte das Oberste Gericht den Weg für Lulas Haftentlassung freigemacht, indem eine Regelung aufgehoben wurde, wonach ein Verurteilter schon vor Ausschöpfung aller Rechtsmittel inhaftiert werden kann, wenn seine Verurteilung bei der ersten Berufung bestätigt wurde. Lulas Anwälte hatten nach dem Urteil umgehend seine Freilassung beantragt.

Die brasilianische Justiz ordnete kurz darauf die Haftentlassung an. Es gebe «keinerlei Grundlage mehr für den Vollzug der Strafe», begründete der Richter die Anordnung.

Lula war 2017 nach einem Aufsehen erregenden Verfahren wegen Korruption verurteilt worden. Seit April 2018 sass er seine Haftstrafe ab, die zuletzt vom Obersten Gericht von rund zwölf Jahren auf acht Jahre und zehn Monate herabgesetzt worden war. Lula wird vorgeworfen, eine Luxuswohnung als Gegenleistung für lukrative Aufträge des Staatskonzerns Petrobras an das Bauunternehmen OAS erhalten zu haben. Lula weist alle Vorwürfe zurück.

Lula war im Februar zudem in einem weiteren Korruptionsfall zu knapp 13 Jahren Haft verurteilt worden. Überdies sind rund ein halbes Dutzend weitere Korruptionsverfahren anhängig.

Lula ist der Gründer der Arbeiterpartei PT und war von 2003 bis 2010 Präsident. Er bestritt stets alle Vorwürfe und prangerte die Verfahren als politisch motiviert an, um ihn an der Teilnahme an der Präsidentschaftswahl 2018 zu hindern, die dann der rechtsradikale Jair Bolsonaro gewann. Dieser hatte im Wahlkampf gesagt, er wolle Lula «im Gefängnis verrotten» sehen.

Neben Lula könnten durch das Urteil des Obersten Gerichts auch tausende weitere Häftlinge freikommen. Viele von ihnen sind in die Korruptionsaffäre um den Petrobras-Konzern verwickelt. Bis zur Ausschöpfung ihrer Rechtsmittel könnten sie auf freiem Fuss bleiben. Kritiker monieren, dass dieser Prozess in bestimmten Fällen Jahre dauern könnte, wenn die Beschuldigten sich teure Anwälte leisten können.

Nach seiner Freilassung könnte Lulas Vorstrafenregister ihn daran hindern, seine politische Karriere fortzusetzen. Dies könnte sich jedoch ändern, wenn das Oberste Gericht in einem separaten Verfahren zu dem Schluss kommen sollte, dass der damalige Richter und heutige Justizminister Sergio Moro parteiisch war.

Moro erklärte am Freitag, die Entscheidung des Obersten Gerichts müsse respektiert werden. Allerdings könne der Kongress «Änderungen an der Verfassung oder am Gesetz vornehmen», um eine Inhaftierung Verurteilter nach der ersten Berufung zu ermöglichen.

Die politische Spaltung in Brasilien könnte sich Beobachtern zufolge durch Lulas Freilassung vertiefen. Die Freilassung könnte die brasilianische Linke stärken und zugleich Bolsonaro Auftrieb geben, der mit einer Anti-PT-Stimmung an die Macht gekommen war. Lula könnte politisch präsenter sein, was dazu führen könnte, dass Bolsonaro «seine Rolle als Anführer im Anti-PT-Feld stärkt», sagte Thomaz Favaro von der Beratungsfirma Control Risks.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Lula da SilvaHaftKorruptionBundespolizeiGerichtStrafeWahlkampfGesetz