Es ist möglich, dass Reform UK bei der britischen Parlamentswahl keinen Sitz gewinnt. Trotzdem beeinflusst die rechtspopulistische Partei die Abstimmung.
nigel farage
Brexit-Parteichef Nigel Farage am Dienstag in London - AFP

41 Mandate könnte Reform, wie sich die vor ziemlich genau fünf Jahren als Brexit-Partei gegründete Kraft mittlerweile nennt, die Konservativen von Premierminister Rishi Sunak kosten, haben die Zeitung «Times» und das Meinungsforschungsinstitut Yougov analysiert.

Denn es sind vor allem frustrierte Wähler der Konservativen, die ihre Stimme bei der bisher nicht terminierten Wahl den Rechten geben dürften. Im britischen Wahlsystem erhält nur der Sieger eines Wahlkreises einen Sitz im Unterhaus. Wenn aber wegen der Stimmen für Reform das konservative Lager gespalten wird, profitiert davon vor allem die andere grosse Partei: Labour. Eine Opinium-Umfrage für die Sonntagszeitung «Observer» ergab, dass nur 41 Prozent der Tory-Wähler von 2019 nun wieder für die Partei stimmen wollen. 14 Prozent würden zu Reform wechseln und 12 Prozent zu Labour.

Aufstieg der Rechtspopulisten

Der Aufstieg der Rechtspopulisten ist eng mit einem Namen verbunden: Nigel Farage. Nachdem der Brexit-Vorkämpfer 2019 die Partei mit gegründet hatte, wurde sie kurz darauf bei der Europawahl mit 30,5 Prozent der Stimmen zur stärksten Kraft in Grossbritannien. Derzeit hat Farage keinen Posten inne und noch nicht erklärt, ob er bei der Wahl antritt. Als gut bezahlter Moderator einer Politsendung im rechten Sender GB News sowie jüngst als Teilnehmer des britischen TV-«Dschungelcamps» steht er aber regelmässig im Rampenlicht.

«Reform UK hat allein deshalb erhebliche Unterstützung erhalten, weil Farage bekanntermassen mit der Partei verbunden ist», sagt der Politologe Mark Garnett. Seit kurzem 60 Jahre alt, kokettiert Farage immer wieder damit, den Vorsitz der Konservativen übernehmen zu wollen. Es gibt nicht wenige Experten, die dieses Szenario nach der erwarteten Wahlniederlage Sunaks für realistisch halten.

Grossbritannien bis zur Unkenntlichkeit verändert

In den Augen vieler Tory-Wähler stehen Farage und Reform für vieles, was ihnen an den Konservativen fehlt, wie Experte Garnett von der Universität Lancaster sagt. «Reform lebt von dem weitverbreiteten Gefühl, dass sich Grossbritannien bis zur Unkenntlichkeit verändert hat und die Konservativen trotz ihrer 14-jährigen Regierungszeit seit 2010 nichts unternommen haben, um diesen Prozess zu stoppen.»

Vor allem das Versprechen, nach dem Brexit die Zuwanderung drastisch zu reduzieren, sei gebrochen worden. Mit Ex-Vizegeneralsekretär Lee Anderson ist ein prominenter Tory bereits zu Reform übergelaufen – damit ist die Partei erstmals überhaupt im Parlament vertreten.

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