Bundesrat Albert Rösti tritt beim Klimaschutz-Gesetz gegen die eigenen Leute an. Ein Blick auf seine (kurze) Theater-Karriere kann aufschlussreich sein.
Albert Rösti Stromkongress
Gross und klein: Albert Rösti spricht am Stromkongress 2023 in Bern. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Umweltminister Albert Rösti muss das Klimaschutz-Gesetz verteidigen.
  • Dabei hat er schon als Jugendlicher manchen Kampf ausgefochten.
  • Allerdings nur im Theater – aber in einem lehrreichen. Ein Kommentar.
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Oh ja, es könnte Theater geben. Es hat bereits: Die SVP macht Abstimmungskampf damit, dass «ihr» Bundesrat Albert Rösti ursprünglich gegen das Klimaschutz-Gesetz war. Jetzt muss er es gar in der «SRF Arena» verteidigen – gegen die einstigen Mitstreiter im Referendumskomitee.

Theater um Klimaschutz-Gesetz

Theater ist indes nichts Neues für den Berner Oberländer, wie man just heute wieder erinnert wurde. Dass die im Klimaschutz massgeblich mitforschende ETH damit zu tun hat, könnte ein Omen sein. Dieselbe ETH stellt nämlich Ex-Nasa-Wissenschaftschef Thomas Zurbuchen als Leiter der Initiative «ETH Zürich Space». Und jetzt wird es kompliziert.

Schweizer nasa
Thomas Zurbuchen war sechs Jahre lang der Forschungschef der Nasa. - Keystone

Nicht wegen der Astrophysik, sondern wegen dem, was die Sozialpsychologie das «Kleine-Welt-Phänomen» nennt. Zurbuchen ist – man ahnt es – Schweizer, stammt aus Heiligenschwendi BE und war am Gymer in der gleichen Klasse wie Rösti. Nicht nur das, sie haben auch zusammen Theater gespielt.

An diesem Punkt sollte jetzt eigentlich Elton John «the ciiiiircle of life» trällern, interessiert uns aber nicht. Viel lieber wollen wir doch wissen, welche Rolle der künftige Bundesrat Rösti als Teenager gespielt hat. Und was er, wir und der König der Löwen daraus lernen können.

Der Tragödie erster Teil

Es treten auf: Seine Tochter, sein Schwiegersohn in spe, eine arrangierte Heirat, sein Schwager in spe, eine unglücklich verliebte Dame des ältesten Gewerbes, erotische Eskapaden unter anderem der Brautmutter und des Pfarrers. Ausserdem wird ziemlich viel mit Degen gefochten und ziemlich viel gestorben.

Albert Rösti Simonetta Sommaruga
Die zurückgetretene Bundesrätin Simonetta Sommaruga schenkt anlässlich der Schlüsselübgabe ihrem Nachfolger im UVEK, Bundesrat Albert Rösti, ein Solarmodul. - keystone

Auf Rösti übertragen wäre die arrangierte Heirat wohl die Übernahme des Departements UVEK. Weil das Referendum gegen das Klimaschutz-Gesetz quasi auch sein Kind ist, wird es in diesem Theater zur Tochter. Nun sollte Rösti das Referendum und das Klimaschutz-Gesetz infolge Arrangement irgendwie vereinen.

Der Schwager – Vater des Klimaschutz-Gesetzes – ist das Abkommen von Paris. Die unglücklich verliebte Dame, die aus lauter Verzweiflung verzweifelt, sind die Klimakleber. Des Helden Frau wäre die abschweifende SVP, die unheilige Allianzen eingeht mit unredlichen Moralaposteln.

Und das ist das Theaterstück

Heben wir also den Vorhang und eröffnen, was hier eigentlich gespielt wird. Albert Rösti (und Thomas Zurbuchen) spielten in «Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie» von Max Frisch. Wobei Rösti nicht Don Juan, sondern Don Gonzalo verkörperte, dessen Tochter Anna den (bei Frisch) eher unfreiwilligen Frauenverführer und freiwilligen Geometrie-Nerd Don Juan heiraten soll.

Don Juan Max Frisch
Szenenbild aus dem Max-Frisch-Stück «Don Juan oder die Liebe zur Geometrie», aufgenommen in Wien. - keystone

Dieser will nicht, verliebt sich vermeintlich in eine andere, die sich als Anna herausstellt, will dann aber trotzdem immer noch nicht. Oder wie es die Literatur-Päpste von «Kindler» formulieren: Das Stück widmet sich der Fesselung des Einzelnen an eine von der Umwelt aufgezwungene Rolle. Die perfekte Allegorie also zum ans Klimaschutz-Gesetz gefesselten Umwelt-Minister.

Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube

Um es nicht mit Goethe zu sagen: Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt. Und dann noch einmal anders, denn Max Frisch musste sein Stück nach heftiger Kritik sogar umschreiben. So wie Simonetta Sommaruga das CO2-Gesetz umschreiben musste.

Aber wir wollen ja aus der Vergangenheit lernen. Denn Don Gonzalo (Rösti) wird von Don Juan (dem Klimaschutz-Gesetz) getötet. Anna (das Referendum) ist zuvor schon gestorben, aus Kummer erleidet auch Don Juans Vater (das Pariser Abkommen) einen Herzinfarkt.

Wie werden Sie am 18. Juni über das Klimaschutz-Gesetz abstimmen?

Das Klimaschutz-Gesetz (Don Juan) verbreitet Fake News über seine eigene Fahrt zur Hölle. Erst im fünften Akt wird die Klimakleber-Sexworkerin geheiratet. Die Ehe ist aber eine unglückliche.

Herr Rösti: Spielen Sie ihre Rolle – aber besser!

Das alle müsste ja nicht sein. Bundesrat Albert Rösti: Sie haben es in der Hand, aus der Tragikomödie eine Erfolgsgeschichte zu machen. Sie wollen ja gar nicht wissen, wie ihre Rolle des Don Gonzalo in Literaturstudentinnen-Seminararbeiten beschrieben wird.

Es liegt mir ja fern, Ihnen politische Ratschläge zu erteilen. Aber Ihnen ist aus dem Schultheater vor allem eins in Erinnerung geblieben: Dass Sie ziemlich viel gefochten haben. Fechten Sie auch im Arena-Theater.

Wir wollen glückliche Ehen, keine Fake News, möglichst wenig Tote, keine Messerstecher und, wenn es irgendwie geht, möglichst wenig Geometrie.

Albert Rösti Arena
Albert Rösti in der «SRF Arena». Damals war er noch Nationalrat. - Screenshot SRF

Es wäre doch nichts peinlicher, wenn Literaturstudentinnen recht behalten würden. Jetzt wollen Sie es aber wissen, nicht wahr. Also gut.

«Don Gonzalo, impotent, aber von edler Gesinnung, ein Repräsentant des ignoranten Christentums, lebt zusammen mit seiner Meute in einem breit angelegten Mantel- und Degenspektakel (zweiter und dritter Akt) seinen Begriff von Ehre und Heldentum aus, wobei kein Moment ausgelassen wird, um diesen jeglicher geistiger Grundlage entbehrenden Anachronismus gebührend herauszustellen.»

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