Vorwürfe nach Kampfjet-Livesendung: Macht SRF Armeepropaganda?
Vier Stunden für vier Kampfjets: Die Live-Sendung des SRF während der Übung «Alpha Uno» auf der A1 sei Armeepropaganda, kritisieren Grüne.

Das Wichtigste in Kürze
- Die vierstündige Live-Sendung des SRF zur Übung «Alpha Uno» steht in der Kritik.
- Dies sei kein Service public. Nun soll der Bundesrat Antworten liefern.
- Pikant: In der Romandie sieht man die Situation anders als in der Deutschschweiz.
Die Kritik an der Übung an sich gab es schon im Vorfeld: Sie sehe den Nutzen nicht, sagte etwa Nationalrätin Marionna Schlatter (GPS/ZH). Die A1 bei Payerne VD war während 36 Stunden gesperrt. So konnten nach über 30 Jahren wieder Kampfjets auf einer Autobahn landen: Es war ein Spektaktel. Und gemäss Armeechef Thomas Süssli notwendig im Rahmen der Konzentration auf die Verteidigungsfähigkeit.
Live-Übertragung als «Service public»
Als fast noch störender als die Veranstaltung an sich empfand Grünen-Schlatter aber die vierstündige Live-Sendung des SRF am Mittwochvormittag. Ein kleiner Shitstorm brach über sie herein, als sie ihrem Unmut auf X (vormals Twitter) Luft verschaffte. Solche Armeepropaganda gehöre für sie nicht zum Service public.

Gegenüber «persönlich.com» verteidigt «SRF» die Mega-Liveschaltung: «Bei der Übung der Luftwaffe handelt es sich um ein Ereignis von grossem öffentlichem Interesse.» Interessierte hätten aber keine Möglichkeit gehabt, die Geschehnisse vor Ort zu verfolgen. Das Gebiet um den Autobahn-Abschnitt wurde schon am Vorabend weiträumig abgesperrt.
«Als wäre es ein Tennis-Match»
Nur: Besagtes Gebiet, der umgeleitete Verkehr und die sich durch Dörfer wälzenden Autokolonnen befinden sich in den Kantonen Waadt und Freiburg. Grünen-Nationalrat Fabien Fivaz aus dem angrenzenden Kanton Neuenburg sagt deshalb: «Es ist klar Armee-Propaganda.»

Pikanterweise hat nämlich die französischsprachige Senderkette RTS keine stundenlange Live-Berichterstattung gemacht. Obschon das Interesse unmittelbar vor Ort doch eher noch grösser sein dürfte als in der Nord-, Zentral- und Ostschweiz. Liegt es vielleicht daran, dass die Romandie eher linker tickt und sich RTS nicht in die Nesseln setzen wollte?

Die Antwort von Fivaz fällt diplomatisch aus. «Die Sensibilitäten sind in der Romandie sicher anders.» Lies: Es passt irgendwie einfach nicht. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in der Romandie eine Armeeübung live überträgt, als wäre es ein Tennis-Match.»
Die Armee, der Tarnkappen-Klimaaktivist
Genau das tut offenbar «SRF» in den Augen von Nationalrat Fivaz: «Man macht eine Riesen-Show daraus. RTS hat das schon richtig entschieden und nur in den Nachrichten am Mittag und um 19:30 darüber berichtet.»
Zumindest ein gewisses Interesse dürfte rund um Payerne durchaus vorhanden sein. Denn aktuell gibt es rund um den Militärflugplatz heftige Kritik an der Armee. Grund: Künftig sollen auch die neuen F-35 dort starten und landen, was Befürchtungen wegen der Lärmbelastung auslöst. Die mit der Beschaffung des Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeug einhergehenden zusätzlichen Arbeitsplätze sollen aber Emmen LU zugutekommen.
Kritik an «Alpha Uno» könnte aus anderen als links-grünen Kreisen kommen, scherzt Fabien Fivaz. «Die Armee ist der grösste Klimaaktivist – sie hat es geschafft, die Autobahn während anderthalb Tagen zu blockieren.»

Wie es sich nun genau verhält mit der Live-Übertragung von Armeemanövern und dem Service public: Das will Marionna Schlatter jetzt vom Bundesrat wissen. Eine entsprechende Frage für die Fragestunde am Montag ist deponiert. Je nach Antwort hätte dann also SRF etwas übertrieben – oder RTS seinen gebührenfinanzierten Auftrag nicht erfüllt.