Gesundheit Aargau: Innovative Implantate in der Handchirurgie am KSA
Erstmals weltweit setzt ein Ärzteteam am Kantonsspital Aarau eine neue Y-Platte der Firma Medartis bei einer komplexen Handverletzung ein.

Das Wichtigste in Kürze
- Im KSA wird weltweit erstmals eine Y-Platte der Firma Medartis eingesetzt.
- Moderne Implantate können die Behandlung komplexer Handverletzungen verbessern.
Der kleine Finger war geschwollen, die Schmerzen stark, die Beweglichkeit eingeschränkt. Nach einer tätlichen Auseinandersetzung suchte ein Türsteher die Notfallstation des Kantonsspitals Aarau (KSA) auf. Die Diagnose: ein komplexer Bruch mit zerstörter Gelenkfläche – eine Operation war unumgänglich.
Neue Platte, bewährte Methode
«Bei komplizierten Finger-Trümmerfrakturen wie in diesem Fall reicht eine äussere Stabilisierung mit Drähten oft nicht aus», erklärt PD Dr. Dr. med. Florian Früh, Leitender Arzt der Hand- und Plastischen Chirurgie am KSA. Das Ärzteteam entschied sich deshalb für eine sogenannte Plattenosteosynthese – ein Verfahren, bei dem gebrochene Knochen mit Platten und Schrauben stabilisiert werden.
Der Hautmantel über dem Bruch wurde eröffnet, die Knochenteile mit anatomischer Rekonstruktion der Gelenksfläche gerichtet und mit einer neu entwickelten Y-Platte des Basler Medizintechnikunternehmens Medartis fixiert. Das speziell designte Titanimplantat wurde bei diesem Eingriff weltweit zum ersten Mal bei einem Patienten eingesetzt.

«Die Y-förmige Platte lässt sich individuell zuschneiden und biegen, sodass sie auch seitlich oder an den weiter aussen liegenden Fingergliedern verwendet werden kann», erklärt Andrea Tami, Senior Global Market Product Manager bei Medartis. Ein weiterer Vorteil: Der Ansatz der Strecksehne auf der Rückseite des Mittelglieds kann dank des speziellen Plattendesigns geschont werden, was nach der Operation zu weniger Beschwerden führen sollte.
Präzision im Millimeterbereich
Die Operation dauerte rund eine Stunde und konnte unter kombinierter regionaler/allgemeiner Narkose durchgeführt werden. Nach zwei Nächten im Spital durfte der Patient nach Hause – und konnte seine Hand schon wenige Tage später wieder bewegen.

«Dank der stabilen Osteosynthese kann der Finger unmittelbar postoperativ mobilisiert werden, was das Risiko für Verklebungen reduziert und die langfristige Beweglichkeit verbessert. Eine spezialisierte Handtherapie ist deshalb absolut essenziell für das bestmögliche Resultat», erklärt Handchirurg Früh. Um die Rehabilitation von handchirurgischen Patientinnen und Patienten zu optimieren, finden am KSA wöchentliche Rapporte zwischen Handtherapie und Handchirurgie statt. In den ersten sechs Wochen geht es primär darum, die Beweglichkeit mit leichten Übungen wiederherzustellen – danach folgt ein gezielter Kraftaufbau.
Die Platten bleiben in der Regel mindestens sechs Monate im Finger und können danach in einem kleineren Eingriff entfernt werden – bei Bedarf in Kombination mit dem Lösen von Verklebungen.
Mehr als nur Brüche
Neben Frakturen behandelt die Handchirurgie am KSA auch Sehnen- und Nervenverletzungen, Infektionen, Arthrose, Nervenkompressionssyndrome wie das Karpaltunnelsyndrom oder gutartige und bösartige Tumore. Auch komplexe mikrochirurgische Eingriffe wie Replantationen gehören zum Alltag des Teams.

Solche Eingriffe erfordern viel Erfahrung – nicht nur wegen der feinen Strukturen in der Hand, sondern auch wegen der hohen Belastung, der sie täglich standhalten muss. Am KSA führen spezialisierte Handchirurginnen und Handchirurgen diese Operationen durch. «Wichtig ist, dass man bei der Wahl eines Arztes auf den entsprechenden Facharzttitel achtet und sich entsprechend nur von ausgebildeten Spezialisten behandeln lässt», erklärt Handchirurg Früh. Denn wie gut eine Hand nach einer Verletzung wieder funktioniert, hängt entscheidend von der Erfahrung der Operateurin oder des Operateurs und der richtigen postoperativen Behandlung ab.