Räte erschweren den Wechsel von der Armee zum Zivildienst
Das Parlament hat den Zugang zum Zivildienst erschwert, um die Personalbestände von Armee und Zivilschutz zu sichern.

Das Parlament erschwert den Wechsel von der Armee in den Zivildienst. Im Auge hat die bürgerliche Mehrheit die Sicherung der Bestände von Armee und Zivilschutz. Sie will die Zahl der Zulassungen zum Zivildienst senken. Ein Referendum ist bereits angekündigt.
Der Ständerat verabschiedete die Vorlage am Mittwoch mit 29 zu 11 Stimmen. Die Nein-Stimmen kamen von Vertreterinnen und Vertretern der Linken. Die Vorlage ist bereit für die Schlussabstimmung.
Die neuen Bestimmungen sollen dafür sorgen, dass die heute verhältnismässig hohe Zahl der Zulassungen zum Zivildienst sinkt. Damit werde ein Beitrag zur nachhaltigen Alimentierung der Armee und des Zivilschutzes geleistet, fand die bürgerliche Mehrheit der kleinen Kammer.
Zivildienst für Spätwechsler: Mindestdauer, Einsatzpflicht, Studienbeschränkung
Im Fokus der Vorlage stehen Personen, die erst nach einem erheblichen Teil des Militärdienstes zum Zivildienst wechseln. Sechs Massnahmen haben die Räte dazu beschlossen. Im Ständerat beantragten SP und Grüne vergeblich die Streichung mehrerer dieser Massnahmen.
Neu müssen nach der Rekrutenschule alle Gesuchsteller mindestens 150 Tage Zivildienst leisten. Und wer alle Armee-Ausbildungstage geleistet hat, kann gar nicht mehr in den Zivildienst und damit die Schiesspflicht umgehen können. Und auch für Unteroffiziere und Offiziere soll der Faktor «1,5 Zivildiensttage» pro Militärdiensttag gelten.
Weiter besteht ab Zulassung zum Zivildienst eine jährliche Einsatzpflicht. Wird ein Gesuch während der Rekrutenschule bewilligt, müssen Zivis ihren langen Einsatz spätestens bis zum Ende des Jahres nach der Zulassung leisten, früher als heute. Einsätze, die ein begonnenes Human- Zahn-, oder Tiermedizin-Studium erfordern, sind nicht mehr erlaubt.
Kritik an Abschreckungseffekten
«Damit stehen der Armee mehr Personen zur Verfügung», sagte Kommissionssprecher Josef Dittli (FDP/UR). Die Mehrheit will Zulassungsgesuchen, die nicht auf Gewissenskonflikten beruhten, entgegenwirken. Der Zivildienst soll wieder zur verfassungsbasierten Sonderlösung für Personen in einer Ausnahmesituation werden.
Mathias Zopfi (Grüne/GL) wehrte sich erfolglos gegen die «kosmetischen Massnahmen», die vom Zivildienst abschreckten, wie er sagte. Würden Gesuche für Wechsel erschwert, würde auf den sogenannten «blauen Weg» ausgewichen. Die Armee habe es in der Hand, sich mit einer besseren Erklärung ihres Zwecks attraktiver zu machen.
Streit um Personalbedarf und Gewissensprüfung im Zivildienst
Franziska Roth (SP/SO) fügte hinzu, der Effektivbestand der Armee sei höher, als gesetzlich vorgegeben. «Das Alimentierungsproblem ist eine frei erfundene Legende.» Zivis würden gebraucht, sie leisteten Wertvolles für die Gesellschaft. Ihr Antrag, die Vorlage vom Bundesrat überarbeiten zu lassen, kam nicht durch.
«Zivildienst geht immer auf Kosten der Armee», entgegnete Werner Salzmann (SVP/BE). 2030 werde die Armee nicht mehr über genügend Personal verfügen, und schon heute fehlten ihr Fachkräfte. Es brauche die Vorlage als Übergangslösung, bis das neue Dienstmodell für Armee und Sicherheitsdienste stehe.
Der Zugang zum Zivildienst für Personen mit Gewissenskonflikten solle möglich bleiben, machten die Befürwortenden geltend. Zurückkommen könnte die Gewissensprüfung. Der Bundesrat muss, im Auftrag des Nationalrates, einen Bericht zur Wiederaufnahme der 2008 abgeschafften Gewissensprüfung verfassen.
Reform stösst auf Widerstand – Referendum angekündigt
Die bürgerliche Parlamentsmehrheit hatte die Reform im Frühjahr 2023 mit einer Motion angestossen. Drei Jahre zuvor war eine ähnliche Vorlage am Widerstand des Nationalrats gescheitert. Im Nationalrat waren bei der Neuauflage die Nein-Stimmen zur Vorlage von SP, Grünen, GLP und EVP gekommen.
Ein Referendum steht bereits im Raum: Der Zivildienstverband Civiva und die Jungen Grünen haben bereits vor der Schlussabstimmung angekündigt, die Vorlage zu bekämpfen. Unterstützen wollen es auch die Grünen und die Gruppe Schweiz ohne Armee (Gsoa).
Zivis übernähmen wichtige Aufgaben im Sozial- und Gesundheitswesen sowie im Natur- und Umweltschutz, schrieben die Jungen Grünen. Civiva nennt die Revision in einer Mitteilung «unnötig und schädlich». Sie schwäche den Zivildienst, ohne die Armee zu stärken.