«Problemwölfe» sollen auch in Jagdbanngebieten erlegt werden können
Die Parlamentsmehrheit will, dass Wölfe mit Abschussbewilligung künftig auch in Jagdbanngebieten erlegt werden dürfen. Dabei war selbst Bundesrat Rösti dagegen.
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Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Ständerat stimmt auch der Nationalrat mehr Wolfsabschüssen zu.
- «Problemwölfe» sollen übers ganze Jahr und auch in Jagdbanngebieten erlegt werden dürfen.
- Bundesrat Rösti argumentierte vergeblich, das sei des Guten zu viel.
Bei der Wolfsregulierung ziehen die eidgenössischen Räte die Schraube weiter an. Sie haben beschlossen, dass Wölfe, die Schäden verursachen und für die eine Abschussbewilligung vorliegt, auch in Jagdbanngebieten abgeschossen werden dürfen.
Zudem sollen «Problemwölfe» das ganze Jahr lang erlegt werden dürfen – auch wenn sie zu einem Rudel gehören. Derzeit ist ein Abschuss solcher «Problemwölfe» nur vom 1. Juni bis zum 31. Januar möglich.

Der Nationalrat stimmte am Mittwoch zwei entsprechenden Motionen von Ständerätin Esther Friedli (SVP/SG) und Ständerat Pascal Broulis (FDP/VD) zu. Die Resultate waren klar, wenn auch nicht ganz so deutlich wie im Ständerat: 109 zu 76 Stimmen und mit 106 zu 76 Stimmen bei jewiels 3 Enthaltungen. Nun ist es am Bundesrat, diese Vorgaben umzusetzen.
Bundesrat Rösti gegen mehr Wolfs-Massnahmen
Pikanterweise war ausgerechnet der nicht gerade als Wolfsfreund bekannte Umweltminister Albert Rösti aber gegen die beiden Abschuss-Lockerungen. Er verwies auf die seit Februar geltenden Massnahmen: «Die proaktive Regulierung, dass man Wölfe schiessen kann, wenn sie eine Gefahr sind.»
Diese hätten angefangen zu wirken. Deshalb stelle sich der Bundesrat auf den Standpunkt: «Bevor wir jetzt neue Massnahmen beschliessen, fahren wir auf diesem Weg.»
Sehr unglücklich scheint Rösti mit seiner heutigen Niederlage im Parlament aber nicht zu sein. «Das Parlament hat zusätzliche Massnahmen beschlossen, jetzt gilt es dies umzusetzen», meint er achselzuckend im Nau.ch-Interview.
Jagd im Jagdbanngebiet: «kontraproduktiv»
Wenig Freude hatten hingegen die Wolfsfreunde im Nationalrat. Sie gaben zu bedenken, dass Abschüsse in Jagdbanngebieten unnötig oder sogar kontraproduktiv sein könnten.
Unnötig, weil die Jagdbanngebiete viel kleiner als ein Wolfsrevier seien – der «Problemwolf» sich also kaum permanent «verstecken» würde. Zudem laufe eine Wolfjagd dem Sinn und Zweck eines Jagdbanngebiets zuwider. Denn dort sollten alle Wildtiere Ruhe haben und nicht nachts von Jägern mit Nachtsichtgeräten aufgescheucht werden.

Kontraproduktiv seien solche Abschüsse, weil Wölfe im Jagdbanngebiet genau dort seien, wo man sie haben wolle: Nämlich nicht im Siedlungsgebiet. Dem stimmt auch Bundesrat Rösti zu: Es mache Sinn, Wölfe am «Tatort» zu schiessen und nicht im Schutzgebiet.
«So, dass die, die darum herum sind, merken: Hier ist eine Gefahr – und sich zurückziehen.» Das sei die Idee hinter der Regulierung: «Dass Wölfe gar nicht mehr in die Nähe von Landwirtschaftsgebiet oder Siedlungen kommen.»
Schäden durch Wölfe in der Alpwirtschaft
Die Wolfsgegner aber warnten schon in der Ständerats-Debatte, das Ökosystem Alpwirtschaft gerate aus den Fugen. Zahlreiche Tiere seien im Sommer deshalb vorzeitig von Alpen abgezogen worden.
Ins gleiche Horn stiess im Nationalrat Monika Rüegger (SVP/OW), welche als Kommissionssprecherin amtierte. Wolfsangriffe seien längst nicht mehr auf bestimmte Orte und höhere Lagen beschränkt, gab Rüegger zu bedenken.

Dafür hatte Umweltminister Rösti offene Ohren. Für die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe sei die Situation sehr schlimm: «Wenn man lange Jahre Tiere gezüchtet hat und dann wird plötzlich eine ganze Herde, oder zumindest wichtige Tiere, getötet: Dann ist das natürlich emotional sehr belastend.»
Auch unter diesem Gesichtspunkt sei es deshalbt wichtig, dass ganz bestimmte Wolfs-Abschüsse möglich seien. «Wir regulieren, aber in einem klaren Rahmen, sodass eben nicht illegale Abschüsse passieren.»
Nützt die Wolfsregulierung?
Naturschutzorganisationen sprachen kürzlich von einer Beruhigung beim Thema Wolf. Die von Wölfen verursachten Nutztierrisse seien im Vergleich zum vergangenen Jahr schweizweit stabil oder rückläufig. Dies trotz einer leicht wachsenden Wolfspopulation. Umweltverbände sehen darin den Nutzen von Herdenschutzmassnahmen.
Insgesamt rissen Wölfe bis Ende Oktober in der Schweiz 832 Nutztiere. Das sind 37 weniger als zum gleichen Zeitpunkt im Jahr zuvor. Nur im Kanton Tessin nahmen die Zahlen zu.












