Positive Reaktion aus Politik und Wirtschaft – ausser von der SVP

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Bern,

Das neue Vertragspaket der Schweiz mit der EU stösst bei Parteien, Verbänden und Organisationen mehrheitlich auf Zustimmung.

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Gewisse Vorbehalte gibt es noch in Bezug auf den Lohnschutz. (Symbolbild) - keystone

Ausser der SVP und Pro Schweiz haben sich praktisch alle Parteien, Verbände und Organisationen grundsätzlich positiv zum am Freitag vorgelegten Vertragspaket der Schweiz mit der EU geäussert. Gewisse Vorbehalte gibt es noch in Bezug auf den Lohnschutz. Die FDP und die Kantone wollen sich Zeit lassen für die Analyse.

Als bisher einzige Partei wehrt sich die SVP offen gegen die Verträge. Diese seien ein direkter Angriff auf die Schweizer Demokratie, denn damit würde die Schweiz der EU untergeordnet. Die Schweiz würde in Zukunft alle EU-Gesetze und «die ganze EU-Bürokratie übernehmen müssen». Und der Europäische Gerichtshof hätte in allen wichtigen Bereichen das letzte Wort.

SP lobt Kompromiss – Arbeitsplätze gesichert

Ganz anderen Meinung sind die meisten anderen grossen Parteien: Für die SP sichert der vorliegende Kompromiss Arbeitsplätze in der Schweiz. Das sei ein «Erfolg für alle Menschen in unserem Land». Das Paket erlaube es der Schweiz, die Beziehungen zur EU zu stabilisieren und weiterzuentwickeln, und es schaffe Rechtssicherheit.

Die Mitte bezeichnete die Verträge als «klarer Fortschritt» im Vergleich zum Rahmenabkommen von 2018. Dem Bundesrat sei es gelungen, in wichtigen Bereichen Verbesserungen zu erreichen. So gestehe die EU der Schweiz beim Lohnschutz Sonderregeln zu. Und auch bei der Unionsbürgerrichtlinie sei die EU der Schweiz entgegengekommen.

Auch die Grünliberalen sind der Meinung, dass die EU der Schweiz in zentralen Punkten entgegengekommen ist. Mit den neuen Verträgen werde den Interessen der Schweiz und ihrer Bevölkerung Rechnung getragen, sie brächten wirtschaftliche Sicherheit und politischen Handlungsspielraum.

FDP und Kantone prüfen noch

Die Grüne Partei Schweiz nennt die Abkommen «Garant für stabile und gute Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU». Das Stromabkommen helfe ausserdem der Energiewende. Ein Alleingang der Schweiz würde der Natur, dem Klima und den Konsumentinnen und Konsumenten schaden.

Noch nicht festlegen will sich hingegen die FDP. Ein 12-köpfiges Gremium aus Befürwortern und Kritikern werde der Delegiertenversammlung am 18. Oktober Vorschläge vorlegen. Diese werde über die Position der FDP entscheiden.

Ebenfalls bis zum Herbst Zeit lassen wollen sich die Kantone. Ein Entwurf einer gemeinsamen Stellungnahme werde an der ausserordentlichen Plenarversammlung am 24. Oktober diskutiert. Für eine Verabschiedung brauche es die Zustimmung von 18 Kantonen. Auch über die Frage des Referendums würden die Kantone dann entscheiden.

Sozialpartner uneins beim Kündigungsschutz

Deutliche Zustimmung kommt dagegen von den Gewerkschaften und den Wirtschaftsverbänden, auch wenn sie sich beim Kündigungsschutz noch nicht einig sind. Die Arbeitgeber lehnen die Forderungen der Gewerkschaften in diesem Punkt ab. Mit den anderen 13 Lohnschutzmassnahmen, auf die sich die Sozialpartner bereits im Februar verständigen konnten, zeigte sich der Arbeitgeberverband zufrieden. Diese stellten den Lohnschutz sicher, ohne den liberalen Arbeitsmarkt einzuschränken.

Die Gewerkschaft Travail.Suisse stellte in ihrer Stellungnahme klar, dass der Lohnschutz für sie ein zentrales Fundament der Verträge bleiben müsse. Der Bundesrat habe in diesem Punkt «der EU bedeutende Zugeständnisse gemacht». Ohne innenpolitische Ausgleichsmassnahmen würde der Lohnschutz deshalb «wesentlich geschwächt».

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse betonte, mit der Aktualisierung der bestehenden Binnenmarktabkommen könne der Zugang zum EU-Binnenmarkt langfristig auf solide Beine gestellt werden. Ausserdem begrüsse die Wirtschaft die Schutzklausel im Personenfreizügigkeitsabkommen. Aber klar sei auch, dass «der flexible Arbeitsmarkt» nicht zur Diskussion stehe.

Industrie und Pharma fordern Stabilität

Auch für Swissmem, den Dachverband der Schweizer Tech-Industrie, ist «zentral, dass innenpolitisch keine neuen Stolpersteine beim Lohnschutz auftauchen». Rechtssicherheit und ein möglichst hindernisfreier Zugang zum EU-Binnenmarkt seien grundlegend für die Industrie.

Dieser Meinung ist auch der Verband Interpharma. Ein reibungsloser Zugang zum europäischen Binnenmarkt sei für ihn unerlässlich. Damit würden nicht nur der Handel von Waren, sondern auch der Austausch von Wissen, Innovation und Arbeitskräften gefördert.

«Noch besser als erwartet» sind die Verträge aus Sicht von Operation Libero. Die Schweiz brauche diesen «EU-Zukunftsvertrag», um ihre «Beziehungen zur EU an die heutige Zeit anzupassen und langfristig zu stärken». Der Bundesrat stehe nun in der Pflicht, die Bilateralen III innenpolitisch zu verteidigen.

Zivilgesellschaft zeigt breite Unterstützung

Die Europäische Bewegung Schweiz zeigte sich erfreut über die Transparenz des Bundesrates und forderte, dass die Bevölkerung bis spätestens 2027 über das Paket abstimmen kann. Und die Dachorganisationen der Jugend und der Studierenden begrüssten die Beteiligung der Schweiz an den Programmen der EU, insbesondere an Erasmus.

Für Pro Schweiz hingegen stellen die Milliardenzahlungen an die EU, «die dynamisch-automatische Übernahme von EU-Recht und die Kontrolle der Schweizer Demokratie durch den EU-Gerichtshof unüberwindbare Hürden» dar. Alles deute darauf hin, dass die Schweiz vor einem Vertrag stehe, der «die bewährten Grundfesten von Souveränität, direkter Demokratie, Gewaltenteilung und Föderalismus zerstören wird».

Pro Schweiz will mit einer eigens gebildeten Expertengruppe das Vertragswerk analysieren. Doch sie bleibe bereits jetzt bei ihrer Beurteilung: Es handle sich um einen «verheerenden Unterwerfungsvertrag» für die Schweiz.

Kommentare

User #6548 (nicht angemeldet)

Mal abgesehen v.d. SVP, welche erst gar nued liest und losschwafelt muss auf d. Sprach- und Leseverstaendnisproblematik der Schweiz/er/Innen hingewiesen werden. Selbst i.d. Schulen zeigt sich deutlich, dass, zusammenhaengende Texte, mit mehr denn einer halben Din A5 - Seite kaum noch verstanden, geschweige denn sinngemaess wiedergegeben werden koennen. Nued nur ein Problem d. JSVP & Jungen Tat.

User #3608 (nicht angemeldet)

Es ist Volkspflicht bei den Abstimmungen eine hohe Stimmbeteiligung zu bringen um ein wichtiges Nein in die Urne zu legen.

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