Die SVP stellt sich als einzige Partei gegen das Klimaschutz-Gesetz. Trotzdem bleibt ein Unsicherheitsfaktor bei der Abstimmung im Juni bestehen.
Politologe Claude Longchamp spricht über die kommenden Abstimmungen. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Politologe Longchamp schätzt ein, wie realistisch ein Sieg des Klimaschutz-Gesetz ist.
  • Die Rahmenbedingungen seien durch weltpolitische Lage beeinflusst.
  • Für die SVP steht bei dieser Abstimmung viel auf dem Spiel.
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Im Juni steht die Abstimmung über das Klima- und Innovationsgesetz an, den indirekten Gegenvorschlag zur «Gletscher-Initiative». Das Referendum dagegen wurde von der SVP ergriffen. Es ist mit mehr als doppelt so vielen Unterschriften wie nötig zustande gekommen.

Ukraine-Krieg als Faktor

Polititologe Claude Longchamp geht davon aus, dass «vor allem die Grundstimmung, in der diese Abstimmung stattfindet, durch die weltpolitische Lage beeinflusst sein könnte.» Mit dem Ukraine-Krieg seien die Sicherheitsbedürfnisse der Schweizerinnen und Schweizer sicherlich gestiegen.

ukraine krieg russland
Kriegszerstörung in der Ukraine. (Archiv) - AFP/Archiv

Das schaffe wichtige Rahmenbedingungen: «Die Unsicherheit in Bezug auf die Energiewende spielt im Ukraine-Krieg die grössere Rolle. Es ist angekündigt, dass es auf den Sommer hin spürbare Mieterhöhungen geben wird, sowie auch höhere Nebenkosten, wahrscheinlich noch vor der Abstimmung.» Dies könne sich auf das Verhalten des Stimmvolks auswirken.

Déjà-vu: CO2-Gesetz wurde abgelehnt

Im Jahr 2021 kam es bereits zu einer «Klimaabstimmung». Das CO2-Gesetz wurde damals von der Schweizer Bevölkerung abgelehnt, die SVP konnte einen überraschenden Sieg einfahren. Könnte sich dieses Szenario wiederholen?

Von einer Neuauflage mag Longchamp aber nicht direkt sprechen. «Der Preismechanismus, den man damals einführen wollte, also wer mehr verbraucht, muss mehr bezahlen, wurde kritisiert.»

CO2-Gesetz
Das CO2-Gesetz wurde im Juni 2021 von der Stimmbevölkerung abgelehnt. - Keystone-SDA

Hochrechnungen hätten damals zwar ergeben, dass die Mehrheit davon profitieren würde, so Longchamp. Diesbezüglich sei die Ausgangslage nun anders.

Rolle von Bundesrat Albert Rösti

Trotzdem sei aber eine Unsicherheit geblieben. Diese konnte man im «Abstimmungskampf sehr gut politisieren. Das wurde von der SVP und deren Verbündeten auch sehr gut umgesetzt.»

Die Befürworter der Klimaschutz-Initiative hätten wohl daraus gelernt. «Sie haben diesen Mechanismus nicht wiederholt.»

albert röst
Bundesrat Albert Rösti muss Wahlkampf für das Klimaschutz-Gesetz machen. - keystone

Interessant an dieser Abstimmung: Albert Rösti sass im Referendums-Komitee, jetzt ist er Bundesrat und muss das Klima- und Innovationsgesetz also befürworten. «Es wird einen korrekten, vielleicht zurückhaltenden Abstimmungskampf von Rösti gegen seine Partei geben», so die Einschätzung von Longchamp.

Alles oder nichts für die SVP?

Die SVP bildet die alleinige Opposition gegen das Klimagesetz. Einen Sieg der rechtskonservativen Partei ist gemäss Longchamp aber nicht auszuschliessen: «Die Energiewende ist politisch umstritten.» Es gehe um die zentrale Frage, ob die Stromversorgung künftig gewährleistet sei. «Es gibt nicht nur dieses Gesetz, sondern auch Volksinitiativen, die erneuerbare Energien fördern wollen.»

Politologe Claude Longchamp im Interview zu den kommenden Abstimmungen. - Nau.ch

Zwar gingen die Meinungen auseinander, ob Atomenergie nun dazugehöre oder nicht. «Dieser Hintergrund spielt bei dieser Abstimmung mit.» Die Zustimmung zum Klimaschutz-Gesetz im Parlament sei so komfortabel, dass es durchkommen müsste.

«Den Ausgang der Abstimmung würde ich aber, aufgrund eines Unsicherheitsfaktors und Eigendynamik, offen lassen» – wenn auch mit Vorteilen für die Befürworter, so Longchamp.

Falls diese Abstimmung der SVP zugutekommen sollte, wäre das hingegen «ein wahnsinniger Sieg» für die Partei. «Es wäre sicherlich eine grosse Motivation für die SVP, bei den Parlamentswahlen im Herbst zusätzlich Dampf zu geben.

Unterstützen Sie das Referendum der SVP gegen das Klimaschutz-Gesetz?

Wenn aber die Allianz von SP, Grünen, GLP, Mitte und FDP die Abstimmung gewinne, habe das auf den Ausgang der Parlamentswahlen keinen Einfluss. «Das sind zu viele Parteien, die einen Grundkonsens teilen, damit kann sich keine profilieren.» Nur im Falle einer Niederlage der Mehrheit, also einem Sieg der SVP, wäre das wahlrelevant.

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