«Keine 10-Millionen-Schweiz!» - Wie nachhaltig ist SVP-Initiative?
Mega-Debatte im Nationalrat zur SVP-Nachhaltigkeits-Initiative – selbst darüber, ob der Initiativ-Titel eigentlich passend sei.
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Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat debattiert die SVP-Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!».
- SVPler Erich Hess findet eine begrenzte Zuwanderung finanziell wie ökologisch nachhaltig.
- Ginge es um Nachhaltigkeit, wäre die SVP ja nicht dafür, sagt aber die Grüne Aline Trede.
Mehr als die Hälfte des Nationalrats hatte sich heute auf der Rednerliste eingetragen, um auch noch etwas zur «Nachhaltigkeits-Initiative» der SVP zu sagen.
Deren eigentlicher Titel lautet «Keine 10-Millionen-Schweiz!», die Nachhaltigkeit ist in Klammern angefügt. Denn einmal mehr geht es der SVP um die Zuwanderung.
Im Interview erklären die beiden Berner Parlamentsmitglieder Erich Hess (SVP) und Aline Trede (Grüne), was die Nachhaltigkeit dabei zu suchen hat. Und warum derart intensiv über die Initiative diskutiert wird. Denn im Nationalrat hatten sowohl die Initiative wie auch der Gegenvorschlag der «Mitte» keine Chance.
Nur «qualitativ gute Zuwanderung»
Es sei halt ein brennendes Thema, erklärt Hess: «Wir haben grosse Probleme mit dieser Massenzuwanderung, sind bald fremd im eigenen Land.»
Und es werde je länger, je schlimmer: «Unsere Infrastrukturen sind überlastet, sprich Schulen, Strassen, Schienen, Spitäler.» Für mehr Personen brauche man noch mehr Pflegepersonal, wie man überall mehr Personal brauche.

«Und das geht nicht so weiter!», ruft Erich Hess aus. «Wir sagen stopp, wir wollen nur noch qualitativ gute Zuwanderung und nicht nur Zuwanderung in die soziale Hängematte Schweiz.»
Nachhaltigkeit? «Würde die SVP eh nicht unterstützen»
Aline Trede spricht indes lieber von der «Abschottungsinitiative», denn mit Nachhaltigkeit habe das Volksbegehren nichts zu tun. «Das würde die SVP ja eh nicht unterstützen, wenn es wirklich um die Nachhaltigkeit ginge.» Über die Grenzen des Wachstums könne man hingegen gerne diskutieren, denn immer mehr, grösser, schneller, weiter gehe tatsächlich nicht. «Aber das hat leider sehr wenig mit Zuwanderung zu tun.»
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Während Erich Hess auf die Anzahl Personen in der Bevölkerung schaut, sieht sich Aline Trede lieber die Wohnfläche pro Person an: Wie viel brauchte man vor zwanzig Jahren, wie viel hat man heute? «Die ganze Einfamilienhäuschen-Politik, da will die SVP nie Hand bieten.» Doch sei, wenn schon, dort die Landwirtschaftszone verändert worden und Land verloren gegangen.
Personenfreizügigkeit steht auf dem Spiel
Das mit neuen Strassen und neuen Häusern überbaute Land nimmt Erich Hess zum Beweis, dass es um Nachhaltigkeit gehe. «Wir müssen immer mehr Häuser bauen, denn irgendwo müssen diese Leute ja leben.» Mit der Beschränkung auf zehn Millionen sei man nachhaltig, «finanziell wie auch ökologisch».
Angesichts der Klima-Krise immer mehr Autobahnen zu bauen, sei sicher falsch, findet zwar auch Aline Trede. Doch wenn die SVP eine Lösung anbieten wollte, müsse man wenn schon zusammensitzen und schauen, wie man effizienter werden könne. «Beim Strom sehen wir das zum Beispiel: Wir haben viel mehr Leute als vor zwanzig Jahren, aber der Stromverbrauch, der Energieverbrauch ist eigentlich gleich.»
Mit dem Fokus auf die Zuwanderung «riskiert» die Schweiz auch, dass die EU das Personenfreizügigkeitsabkommen kündigt. Das käme SVPler Hess jedoch gerade recht: «Ja, das wäre gut», kommentiert er dieses Risiko. «Wir können die Zuwanderung selbst kontrollieren und es wird uns nicht mehr durch die EU aufdiktiert.»
«Es zeigt vor allem auch die Doppelmoral der SVP», kritisiert dagegen die Grüne Nationalrätin Trede. Denn als Teil der 10-Millionen-Schweiz würde bei Annahme der Initiative nur zählen, wer schon zwölf Monate im Land ist. «Das heisst alle, die sie auf ihren Feldern haben, in ihren Rebbergen, die werden nicht gezählt.» Man könne schon über Lösungen diskutieren, aber die «Nachhaltigkeits-Initiative» sei keine, so Trede.