Die Grünen unterstützen offiziell keine Waffenlieferungen an die Ukraine. Ein Teil der Basis fordert aber genau in diesem Punkt ein Umdenken der Parlamentarier.
Grüne Glättli von Graffenried
Grünen-Parteipräsident Balthasar Glättli, links, und Alec von Graffenried, Berner Stadtpräsident und Mitglied Grüne Freie Liste Stadt Bern (GFL), - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Teile der Grünen Kantonalparteien fordern an der Spitze ein Umdenken bezüglich Ukraine.
  • Sie fordern in einem Brief Unterstützung im Bundeshaus für Waffenlieferungen.
  • Es kommt zu einem Treffen, doch die Beteiligten finden dabei keinen gemeinsamen Nenner.
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«Die Grünen lehnen den Kriegswaffenexport ab, auch in die Ukraine.» Mit diesem Satz fasst die Partei auf ihrer Homepage die eigene Position zusammen. Sie präzisiert, die Ablehnung betreffe nur Lieferungen von Schweizer Kriegsmaterial. Dies sei schlicht nicht mit der Neutralität vereinbar.

Soll die Schweiz Waffen an die Ukraine liefern?

Es sei aber absolut notwendig, dass die Ukraine Waffen von anderen Ländern erhalte, um sich vor diesem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu verteidigen. Darum distanziert sich die Partei von Aufrufen zu bedingungslosen Friedensverhandlungen. Dem Rückverkauf der Leopard-II-Panzern an die deutsche Rheinmetall will die Partei auch nicht im Weg stehen. Allerdings nur, wenn diese nicht an die Ukraine weitergegeben werden.

Bundeshaus-Fraktion soll «Verständnis von Neutralität überdenken»

Doch innerhalb der eigenen Reihen gibt es Stimmen, die direkte Waffenlieferungen an die Ukraine wollen – und diese werden lauter. In einem offenen Brief wenden sich Mitte Juni 50 prominente Mitglieder von regionalen Sektionen (vorwiegend aus Bern, Luzern und Basel) an die Bundeshausfraktion.

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Ein Kampfpanzer des Typs Leopard II fährt für Wartungsarbeiten am Mittwoch in eine Halle beim Waffenplatz in Thun. (Archivbild) - sda - Keystone/PETER KLAUNZER

Es sei an der Zeit, das Verständnis von Neutralität zu überdenken und sich klar zur UN-Charta zu bekennen, beginnt das Schreiben, das Nau.ch vorliegt. Die Unterzeichnenden bitten die Partei-Spitze, die ablehnende Haltung gegenüber der Änderung des Kriegsmaterialgesetzes zu überdenken. Darunter sind auch Politgrössen wie der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried und Elisabeth Ackermann, ehemalige Regierungspräsidentin von Basel-Stadt.

«Rechtspopulismus und Faschismus sind auf dem Vormarsch. Und angesichts der Klimakrise müssen wir mit weiteren Verschärfungen und Eskalationen rechnen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns als Schweiz und insbesondere wir, als Grüne, für eine gerechte und antifaschistische Welt einsetzen.»

Treffen ohne Konsens bei den Grünen

Die Vertreterinnen und Vertreter im Bundeshaus sollen in diesem Sinne alle Änderungsanträge zum Kriegsmaterialgesetz, die eine Weitergabe von Schweizer Waffen an die Ukraine ermöglichen würden, ernsthaft prüfen und unterstützen, so der Appell.

Die Grüne Grünen
Nationalrätin Greta Gysin (l), Fraktionspräsidentin Aline Trede (m) und Parteipräsident der Grünen Balthasar Glättli diskutieren im Nationalrat am 7. Juni 2023. - keystone

Nach dem Schreiben kam es zu einem Treffen zwischen den Initianten des offenen Briefes und mehreren Parlamentariern. Für beide Seiten habe sich das Treffen gelohnt, so das allgemeine Befinden danach. Zu einem Konsens soll man aber nicht gekommen sein.

Partei-Austritte befürchtet

Das Thema wird die Grünen auch im kommenden Monat weiterhin beschäftigen. In einem Forum will die Partei mit Vertreterinnen und Vertretern der Kantonalparteien und der Jungpartei über Friedens-, Sicherheits- und Neutralitätspolitik diskutieren.

Inwiefern sich die Position der Grünen Fraktion ändert, wird sich zeigen. Eine Nichtbeachtung der Meinung der Minderheit könnte aber zu weiterem Unmut oder gar zu Austritten führen, befürchten einige der Unterzeichnenden.

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