Ex-Aussenministerin Micheline Calmy-Rey hat sich kritisch zur Kommunikation des Bundesrats zum Ukraine-Krieg geäussert.
Micheline Calmy-Rey
Micheline Calmy-Rey kritisiert die Kommunikation des Bundesrats. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ex-Aussenministerin Micheline Calmy-Rey hat den Bundesrat stark kritisiert.
  • Die Kommunikation zur Ukraine-Krise sei katastrophal gewesen.
  • Die Verwirrung um die Schweizer Neutralität hätte es laut Calmy-Rey nicht geben müssen.

Die frühere Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey hat den Bundesrat für seinen Auftritt in der Neutralitätsdebatte zum Ukraine-Krieg harsch kritisiert. «Der Bundesrat kommunizierte extrem schlecht, ja katastrophal», sagte die 76-Jährige in einem Interview.

Die Schweizer Landesregierung habe es versäumt, die Positionen der Schweiz bei einer Pressekonferenz zu Beginn des Krieges klar darzulegen. Das sagte die frühere SP-Bundesrätin dem Nachrichtenportal Blue News in einem am Mittwoch publizierten Interview. «Niemand verstand etwas.»

Die internationale Verwirrung um die Schweizer Neutralität hätte es laut Calmy-Rey nicht gegeben, wenn der Bundesrat besser kommuniziert hätte. «Wir liefern den Kriegsparteien keine Waffen und verbieten ihnen die Nutzung des Schweizer Luftraums. Hätte der Bundesrat diesen Sachverhalt klarer kommuniziert, würden sich die Fragen zum Neutralitätsrecht nicht stellen.»

Begriffsdefinition von «Krieg» soll verbessert werden

Die Schweizer Neutralität beruhe auf der Achtung des Völkerrechts. «Man ergreift nicht Partei für ein Land. Man ergreift Partei für das Recht, und wer die Regeln nicht einhält, wird verurteilt», sagte Calmy-Rey weiter. Dazu forderte sie eine bessere Definition des Begriffs «Krieg».

Kriege würden immer komplexer und es herrsche eine Inkohärenz: Die Schweiz könne Waffen nach Saudi-Arabien schicken, aber nicht in die Ukraine. Gleichzeitig seien Bürgerkriege, Stellvertreterkonflikte und Cyberkriege vom Neutralitätsrecht nicht betroffen.

Nach Ansicht der Alt-Bundesrätin muss sich die Schweiz klar positionieren. Vor allem mit Blick auf die geplante Ukraine-Wiederaufbaukonferenz von Anfang Juli in Lugano TI zur Beschlagnahmung von Oligarchengeldern. Das Thema werde ihrer Meinung nach «in Lugano schwer zu vermeiden sein».

Ende des Kriegs noch nicht in Sicht

Die grosse Stunde der Diplomatie im Ukraine-Krieg sah Calmy-Rey noch nicht gekommen. «Sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite besteht die Hoffnung auf einen Sieg. Für Russland geht es darum, mehr Territorium zu gewinnen, und für die Ukraine darum, Russland hinter seine Grenzen zu drängen.» Es sei illusorisch zu glauben, dass Russland sich hinter seine Grenzen zurückziehen und die eroberten Gebiete wieder abgeben werde.

Calmy-Rey war zwischen 2003 und 2011 im Bundesrat. Die SP-Politikerin war Vorsteherin des Aussendepartements. Sie setzte sich unter anderem offen für die kosovarische Unabhängigkeit 2008 ein, was ihr in der damaligen Neutralitätsdebatte Kritik einbrachte.

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