Die SVP hat in der ersten Legislatur-Hälfte gepunktet und mobilisiert ihre Wähler besser als 2019, urteilt Claude Longchamp.
Politologe Claude Longchamp zieht nach der halben Legislatur Zwischenbilanz bei der SVP. - Nau.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Claude Longchamp analysiert für Nau.ch die erste Hälfte der Legislatur-Periode.
  • Die SVP sei besser aufgestellt als 2019 und mobilisiere die Unzufriedenheit besser.
  • Die Prognose für 2023: Mehr Stimmen als 2019, aber weniger als 2015.

Knapp zwei Jahre sind seit den Parlamentswahlen 2019 vergangen – die Legislaturhalbzeit steht unmittelbar bevor. Politologe Claude Longchamp analysiert mit Nau.ch die von der Corona-Pandemie geprägten 24 Monate und sagt, wo die Parteien nun stehen. Den Auftakt macht die SVP, die trotz massiven Verlusten mit Abstand die grösste Partei der Schweiz bleibt.

In den letzten Monaten läuft für die Sünneli-Partei alles wie geschmiert. Die Klimapolitik hatte die Partei in die Defensive gedrängt, so Longchamp. Nun habe sie diese ungewohnte Rolle wieder verlassen können: «Es ist sicher nicht mehr die gleiche Situation wie 2019.»

SVP hat in den letzten Monaten gepunktet

Beim gebodigten CO2-Gesetz gibt der Experte der Volkspartei einen vollen Punkt. «Für die Burka-Initiative gibt es nur einen halben Punkt.» Die Initiative sei schliesslich «am Rande der Partei» geboren.

SVP
Politologe Claude Longchamp (r.) analysiert mit Christof Vuille, stv. Chefredaktor von Nau.ch, die Situation der SVP zur Halbzeit der Legislaturperiode. - Nau.ch

Beim Rahmenabkommen reiche es gar nur noch für einen Viertelpunkt, da es keine Volksabstimmung gab. Ausserdem tauchten jetzt bereits nach wenigen Monaten Probleme auf, es sei also keine wirklich elegante Lösung gewesen.

Zusammengefasst: «Die SVP hat in den letzten Monaten gepunktet. Den Durchbruch hat sie aber noch nicht geschafft.»

Totale Opposition in der Corona-Politik mobilisiert Wähler

Die SVP trägt zwar in der Landesregierung und in den Kantonen viel Verantwortung. Doch gleichzeitig betreibt sie Frontal-Opposition gegen die Corona-Politik des Bundesrates, was ihr die grösste mediale Aufmerksamkeit sichert.

Für eigene Exekutiv-Vertreter und Befürworter der Corona-Politik in den eigenen Reihen sei diese Vorgehensweise irritierend. Dies könnte dazu führen, dass Wähler zu anderen bürgerlichen Parteien abwandern.

Thomas Aeschi Magdalena Martullo
Die SVP-Führungsriege um Magdalena Martullo-Blocher (rechts) und Thomas Aeschi sprechen im Nationalratssaal miteinander.
Ueli maurer SVP
Ueli Maurer im Shirt der Freiheitstrychler, die vehement gegen die Corona-Politik des Bundesrats protestieren.
Ist mit den Corona-Schutzmassnahmen des Bundesrats nicht einverstanden: der Berner SVP-Nationalrat Erich Hess. (Archivbild)
Ist mit den Corona-Schutzmassnahmen des Bundesrats nicht einverstanden: der Berner SVP-Nationalrat Erich Hess. (Archivbild)
SVP
«Woher kommen all die zig Milliarden, die so locker ausgegeben werden? So kann es nicht weitergehen»: SVP-Präsident Marco Chiesa zur Corona-Politik bei seiner Ansprache an die Delegierten.

Für die Lösung der Covid-Problematik bringe diese Haltung nicht viel. Doch für die Hauptproblematik der SVP – die innere Demobilisierung bei den Wahlen 2019 – sei die fundamentale Opposition vorteilhaft. So könne die Partei ihre Wähler sowie durch die Pandemie neu politisierte Menschen mobilisieren.

Fragezeichen hinter Strategie des Stadt-Land-Grabens

Neu sendet die Parteizentrale die Botschaft aus: Stadt gegen Land. Die SVP versucht bewusst, einen Stadt-Land-Graben zu beschwören.

Um die Zielgruppe der Landbevölkerung anzusprechen sei das Thema sicher richtig. Die Art und Weise sei aber grob vereinfacht. Ob die Strategie funktioniert? «Gefühlsmässig eher auf der Plus-Seite, kopfmässig eher auf der Negativ-Seite», so Longchamp.

Wechsel an der Parteispitze wichtig und nötig

Der Wechsel des Generalsekretärs sei höher einzustufen als derjenige des Partei-Präsidenten. «Da ist nun ein Top-Manager am Werk. Das halte ich für eine Verstärkung der Partei, die wichtig und auch nötig gewesen ist.»

SVP
Links der Generalsekretär der SVP Peter Keller, rechts Partei-Präsident Marco Chiesa. - Keystone

Doch nicht nur Nationalrat Peter Keller mache seine Arbeit gut. Auch im Umfeld des Generalsekretariats habe es neue Projektleiter und neue Verantwortliche. Hier macht Longchamp einen klaren Pluspunkt aus.

Der neue Partei-Präsident Marco Chiesa habe den grossen Durchbruch noch nicht geschafft. Wegen seiner Sprachbarriere werde er in der Deutschschweiz unter seinem Wert verkauft. «Er wird gemessen an Christoph Blocher, an Toni Brunner und sogar an Albert Rösti.» Und genau in dieser Reihenfolge sei er Vierter.

Prognose für Wahlen 2023

«Ich gehe davon aus, dass die Partei etwas besser abschneiden kann als 2019. Aber sie wird niemals den Wert von 2015 wieder erreichen», prognostiziert Longchamp.

Stimmen Sie Claude Longchamps Prognose zu?

Anders gesagt: «Für die SVP ist es ein kleiner Sieg, aber noch keine richtige Wende.»

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