Das breit gefächerte Parteienangebot ist eine der grossen Stärken der Schweizer Demokratie. Eine Analyse von Politikwissenschaftler Claude Longchamp.
Claude Longchamp
Politologe Claude Longchamp schreibt vor den Wahlen im Herbst bei Nau über Stärken und Schwächen der Schweizer Demokratie. . - Nau
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Das Wichtigste in Kürze

  • Politik-Experte Claude Longchamp schreibt über Stärken und Schwächen der Demokratie.
  • In diesem Artikel erklärt er das breit gefächerte Parteienangebot zur Stärke der Schweiz.

Demokratielehrer aus den USA sind überzeugt, zwei Parteien reichen für eine Demokratie. Eine bildet die Regierung und trägt die Verantwortung, die andere ist in der Opposition und kontrolliert die Macht.

Demokraten Republikaner
Karte der US-Bundesstaaten mit Angaben zu Vorwahlen der Demokraten und Republikaner am Super Tuesday 2008. - Keystone

In Europa gibt es angesichts moderner Konflikte und Interessen fast überall ein Mehrparteiensystem. Am extremsten ist die Fragmentierung in viele Parteien in den Niederlanden oder in Israel.

Auch die Schweiz hat ein zersplittertes Parteiensystem. Wir haben je eine Partei für katholische und reformierte Christen. Es gibt je eine Partei für die nationalkonservative Rechte und für selbstbewusste Bürgerliche. Und auch für Menschen mit einem hohen Sinn für Gleichheit respektive für nachhaltiges Wirtschaften hat es Platz.

Im Bundesrat sind heute vier Parteien vertreten, im Ständerat sechs. Im Nationalrat gibt es sogar sieben Fraktionen, bestehend aus neun Parteien.

Bundesrat
Bundesräte Alain Berset (SP), Ueli Maurer (SVP), Simonetta Sommaruga (SP), Guy Parmelin (SVP), Ignazio Cassis (FDP), Viola Amherd (CVP) und Karin Keller-Sutter (FDP) (v.l.n.r.) posieren nach der Ersatzwahl in den Bundesrat durch die Vereinigte Bundesversammlung am 05.12.18 im Bundeshaus in Bern. - Keystone

Das hat Vorteile: Die Parteien decken das ganze politisch Spektrum ab, und sie füllen jede Lücke. Gibt es einmal eine neue Nische, sorgt ein Initiativ-Komitee mit einem Volksbegehren für rasche Abhilfe.

Das sorgt für ein Kaleidoskop an Parteien mit hoher Kontinuität

Der Nachteil: Die Flexibilität der Schweizer Parteien ist gering. Es ist schwer, sie strategisch auszurichten.

Die FDP und die SP können das. Die SVP und die Grünen haben hinzugelernt. Bei der CVP dominieren immer noch regionale Unterschiede. Und auch die GLP unterscheidet sich in der West- und Ostschweiz beträchtlich.

Ohne grosse Richtungsentscheidungen fahren wir mit unserem breiten und ausdifferenzierten Angebot an politischen Parteien gut. Das Alltagsgeschäft schafft unser Parteiensystem meistens.

Braucht es dagegen Grundsatzentscheidungen von grosser Tragweite, scheitern aber unsere Parteien an ihrer strategischen Schwäche und scheinen führungslos. Das wirkt sich nicht nur auf die Parlamentsarbeit aus, auch auf die Entscheidungsfähigkeit des Bundesrats.

Die Aufsplitterung der Parteienlandschaft braucht deshalb nicht weiter getrieben zu werden.

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«Stärken und Schwächen der Schweizer Demokratie»

Im Rahmen dieser Serie schreibt der Politikwissenschaftler und Historiker Claude Longchamp Beiträge zu den Stärken und Schwächen der Schweizer Demokratie. Die Texte erscheinen jeweils am Sonntag.

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