Bundesrat erntet gemischte Reaktionen – FDP zurückhaltend
Der Bundesrat will die EU-Verträge nicht dem Ständemehr unterstellen. Die linke Seite begrüsst dies – die SVP nicht. Keine klare Stellung bezieht die FDP.

Das Wichtigste in Kürze
- Die EU-Verträge sollen laut dem Bundesrat ohne Ständemehr vors Volk kommen.
- Links kommt dies gut an, im rechten Lager eher weniger.
- Die FDP will sich nicht festlegen – das Parlament werde entscheiden.
Der Bundesrat hat für sein Vorgehen bei den EU-Verträgen vor allem aus dem linken Lager Zustimmung erhalten. Während die FDP und einige Wirtschaftsverbände sich vorerst noch zurückhielten, äusserte vor allem die SVP Kritik am Bundesratsplan, die Verträge nur dem Volksmehr und nicht auch dem Ständemehr zu unterstellen.
SVP-Fraktionschef und Nationalrat Thomas Aeschi zeigte sich schockiert. Mit dem Entscheid werde die Demokratie ausgehebelt, schrieb der Zuger in einem Post auf X. Auch seine Partei beschrieb in einem Communiqué diesen Entscheid als «vollkommen inakzeptabel». Mit seinem Vorgehen habe sich der Bundesrat gegen die Schweizer Demokratie gestellt, in welcher das Volk und die Kantone das Sagen haben.

Die Organisation Pro Schweiz unterstellt dem Bundesrat, dass dieser aus Angst handle. Einerseits habe die EU-Kommission die Regierung mächtig unter Druck gesetzt und andererseits überwiege die Furcht vor der Schweizer Demokratie, hiess es in einer Mitteilung.
Das Kompass-Initiativkomitee will mit einem Volks- und Ständemehr zu den EU-Verträgen vorausschauend Rechtssicherheit schaffen. Vor den Medien machten die Initiantinnen und Initianten bereits am Dienstag in Bern Druck für das Ständemehr.
FDP: «Parlament wird entscheiden»
In Zurückhaltung übt sich derweil die FDP. «Gut, dass der Bundesrat seine Arbeit im EU-Dossier aktiv vorantreibt! Abschliessend wird das Parlament entscheiden, ob es das doppelte Mehr braucht», teilte die Partei auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.
Sobald die Verträge veröffentlicht sind, werde die FDP diese prüfen und sich zu ihnen und zur Frage des doppelten Mehrs positionieren.

Der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), Fabio Regazzi zeigte sich auf Anfrage überrascht vom vorgezogenen Entscheid des Bundesrates. Der SGV glaube, dass dieser Entscheid auch in Ruhe mit der inhaltlichen Beurteilung des Pakets hätte behandelt werden können.
«Die Frage nach dem obligatorischen oder fakultativen Referendum über die Bilateralen III ist von der Politik zu entscheiden. Der Bundesrat hat nun eine erste Weichenstellung vorgenommen.», sagte Jan Atteslander, Mitglied der Geschäftsleitung von Economiesuisse, auf Anfrage.
Linksgrün begrüsst Bundesratsentscheid – auch die Gewerkschaften
Die Grünen begrüssen den bundesrätlichen Entscheid für ein fakultatives Referendum, wie sie in einem Communiqué mitteilten. Es sei gut, dass sich der Bundesrat dem rechtspopulistischen Angriff der SVP auf den Rechtsstaat entgegenstellt.
Die Behauptung, ein Ständemehr sei nötig, sei eine Erfindung der Gegner, hält SP-Aussenpolitiker und Nationalrat Eric Nussbaumer fest. Alle bisherigen Verträge mit der EU waren in der Schweiz bei der eidgenössischen Abstimmung lediglich dem Volksmehr unterstellt, so der Baselbieter.
Diese Meinung teilt auf Anfrage auch Daniel Lampart, Sekretariatsleiter und Chefökonom beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund: «Wir begrüssen den Entscheid. Dieser ist im Einklang damit, wie es bisher gemacht wurde, da bei bilateralen Verträgen immer das Volksmehr genügte und diese nicht das Ständemehr erforderten. Das entspricht so auch der Verfassungsgrundlage.»
Auch die Grünliberale Nationalrätin Corina Gredig (ZH) und Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter äusserten sich auf X zustimmend zur Vorgehensweise der Landesregierung.
Klar ist: Ob nun das Ständemehr nötig ist oder nicht, es dürfte so oder so zu einer Abstimmung kommen. Allerdings wird es noch etwas dauern, bis es so weit ist. Zunächst liegt der Ball dann beim Parlament.