Bern muss sich bei Sicherheitspartnerschaft mit der EU gedulden
Die vom Bundesrat mit der EU angestrebte Sicherheits- und Verteidigungspartnerschaft gerät ins Stocken.

In Brüssel wollen die EU-Staaten derzeit keine weiteren Partnerschaften schliessen. In naher Zukunft seien keine zusätzlichen Sicherheits- und Verteidigungspartnerschaften vorgesehen, erfuhr die Nachrichtenagentur Keystone-SDA in Brüssel von einer mit dem Dossier vertrauten Person. Einzig bereits laufende Verhandlungen würden weiterverfolgt, hiess es von einer zweiten diplomatischen Quelle.
Das Staatssekretariat für Sicherheitspolitik (Sepos) lässt auf Anfrage verlauten, dass derzeit kein Datum für formelle Sondierungsgespräche festgelegt worden sei. Diese sollen dem Bundesrat als Grundlage für das weitere Vorgehen dienen. Erste informelle Gespräche auf technischer Ebene hätten stattgefunden, sagte eine Sprecherin des Sepos.
Bei den Partnerschaften führt der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) im Namen der Europäischen Union (EU) die Verhandlungen. Zuerst muss der EAD vom Rat der EU dazu ermächtigt werden. Diese Weisung liegt derzeit für die Schweiz nicht vor, wie eine Sprecherin des EAD sagte.
Der Rat der EU ist zusammengesetzt aus Regierungsvertreterinnen und -vertretern der 27 EU-Staaten. Für die Weisung zur Aufnahme von Verhandlungsgesprächen für eine Sicherheits- und Verteidigungspartnerschaft braucht es eine einstimmige Zustimmung.
Bei seinem Entscheid priorisiere der Rat die potenziellen Partnerstaaten. Dafür sei eines der Kriterien die geografische Ausgewogenheit, so die Sprecherin des EAD weiter. Bisher hat die EU acht Partnerschaften geschlossen, davon fünf mit europäischen Staaten (Albanien, das Vereinigte Königreich, Nordmazedonien, Norwegen und Moldau). Die restlichen Staaten sind Japan, Kanada und Südkorea.
Der Rat wolle keine weiteren Partnerschaften mit europäischen Ländern, hiess es in Brüssel. Es bestünden bereits genügend Abkommen in Europa.
Darlehen mit 150 Milliarden Euro dotiert
Die Partnerschaften sind laut den europäischen Institutionen rechtlich nicht verbindliche Absichtserklärungen und auf die jeweiligen Bedürfnisse der Partner zugeschnitten. Seit März verzeichnet die Partnerschaft wachsendes Interesse.
Damals kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das sogenannte Instrument Safe (Sicherheitsmassnahmen für Europa) an. Safe ist ein Darlehen, das mit 150 Milliarden Euro dotiert ist. Die EU-Staaten können das Geld für gemeinsame Rüstungskäufe beantragen.
Für Drittstaaten bildet eine Sicherheits- und Verteidigungspartnerschaft die Voraussetzung für die Teilnahme an Safe. Darauf basierend müsste die Schweiz ein zusätzliches Rüstungsabkommen mit der EU schliessen, sagte Verteidigungsminister Martin Pfister in der vergangenen Herbstsession im Nationalrat.
«Das Ziel dieses Zusatzabkommens wäre es, mit der EU bessere Bedingungen für die Schweizer Rüstungsindustrie bei gemeinsamen Rüstungsvorhaben auszuhandeln», so der Bundesrat weiter. Konkret gehe es um den Anteil gelieferter Komponenten an Gesamtsystemen.
Für Drittstaaten gilt bei solchen Komponenten heute eine Obergrenze von 35 Prozent. Dieser Anteil könnte mit einem Zusatzabkommen erhöht werden, «was für unsere Rüstungsindustrie positiv wäre», sagte Pfister.
Derzeit verhandeln das Vereinigte Königreich und Kanada ein Zusatzabkommen, um an Safe teilnehmen zu können. Weiter können Norwegen, Island und Liechtenstein als Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) sowie die Ukraine am Instrument teilhaben.