Bringt die Service-Citoyen-Initiative mehr Frauen in die Armee?
Service Citoyen hat zum Ziel, dass alle einen Dienst leisten müssen, aber nicht unbedingt einen Militärdienst. Eine Chance oder lästige Pflicht für Frauen?
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Das Wichtigste in Kürze
- Die Service-Citoyen-Initiative kommt am 30. November zur Abstimmung.
- Im Röschtigraben-Talk wurden Pro & Contra debattiert und punktuell Einigkeit festgestellt.
- Zum Beispiel beim Aspekt, ob bei Annahme der Initiative mehr Frauen Militärdienst leisten.
Am 30. November stimmt das Stimmvolk über die Service-Citoyen-Initiative ab. Diese hätte grundlegende Neuerungen bei der Dienstpflicht zur Folge.
Zwar würde explizit in die Verfassung geschrieben, dass der Bedarf an Soldaten und Zivilschützern gedeckt sein muss. Daneben aber würde die Dienstpflicht zu einem Bürgerdienst ausgebaut.

Beziehungswiese auch einen Bürgerinnendienst: Denn neu wären alle Schweizer Bürger und Bürgerinnen dienstpflichtig, aber es stünden nebst dem Militärdienst diverse Optionen zur Wahl. Armee, Zivilschutz und Zivildienst stünden auch Frauen offen, es wären Dienste im Umwelt-, Landwirtschafts- oder Pflege-Bereich denkbar.
Bei der neusten Ausgabe des Röschtigraben-Talks im Berner Restaurant Röschtigraben diesen Mittwoch stand genau dies zur Debatte. Und es zeigte sich: Über weite Strecken ist man sich im Pro- und Contra-Lager sogar einig. Es brauche mehr Solidarität und Zusammenhalt in der Schweiz – aber ist die Service-Citoyen-Initiative dazu der richtige Ansatz?
Mehr Frauen für die Armee
Obwohl für diesen Bürgerdienst eine einigermassen freie Wahl vorgesehen wäre, ist GLP-Nationalrat und Nau.ch-Kolumnist Patrick Hässig überzeugt: Ja, es wird mehr Frauen im Militär geben.
«Man kommt dann auch ‹auf den Geschmack›. Man muss dann ja einen Dienst machen, sei das Militär, Zivilschutz, Zivildienst: Sicherheit durch Engagement, egal in welchem Dienst, das ist das Ziel.»
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Im «auf den Geschmack kommen» hat Hässig Erfahrung mit seinem Zivildienst-Einsatz in einem Spital: Danach hat er seine Radio- und TV-Karriere an den Nagel gehängt und die Ausbildung zum Pflegefachmann gemacht. Er ist ein vehementer Befürworter der Service-Citoyen-Initiative.

Dass sich viele Frauen für die Armee entscheiden würden, glaubt indes auch SVP-Nationalrat Hans Jörg Rüegsegger: «Definitiv, das ist ja auch so vorgesehen. Und dann gehe ich schon davon aus, dass dann auch 30'000 Frauen antreten.»
Damit wäre der Frauenanteil in der Armee mehr als verzehnfacht. So wäre wohl auch die Situation von Frauen in der Armee massiv verbessert.
Service Citoyen: Ist das Gleichberechtigung?
Ob den Frauen mit einem Bürger- bzw. Bürgerinnendienst wirklich ein Vorteil erwächst, ist unter Politikerinnen von links bis rechts umstritten. Für Patrick Hässig ist klar, dass so zu Gleichberechtigung beigetragen werde, genauso wie die aktuelle Ausgangslage eben nicht gleichberechtigt sei.
«Die Männer müssen, die Frauen hier nicht. Wir setzen uns ein für gleiche Löhne, gleiche Ausbildung, Care-Arbeit durch Männer und Frauen. Aber eben auch einen Dienst leisten zu müssen für die Allgemeinheit, für die Sicherheit unseres Landes.»
Hier widerspricht aber SVPler Rüegsegger. «Da bin ich etwas progressiver unterwegs. Ich glaube, das ist nicht die richtige Lösung und darum lehne ich die Initiative so auch ab.»
Nur noch Rambos für die Armee?
Interessanterweise zeigen erste Umfragen, dass primär Männer die Service-Citoyen-Initiative befürworten, Frauen eher nicht. Das könnte man so lesen, dass Männer gerne andere Optionen als nur die Armee hätten. Und dass Frauen vor allem die Option «gar keine Dienstpflicht» bevorzugen.

Hiesse das aber auch: Die männliche Gschpürschmi-Fraktion wandert in soziale Dienstformen ab und nur die «Rambos» landen in der RS? «Ich denke, die Zeit der Rambos im Militär ist vorbei», entgegnet SVP-Nationalrat Rüegsegger. Denn in der aktuellen Ausgangslage habe man vielfältigen Bedarf.
Das sei ein Punkt, den man vielleicht auch nach der Initiative genau anschauen müsse, findet Rüegsegger: «Was braucht denn die Schweiz in Sachen Militär, in Sachen Zivilschutz, aber auch Zivildienst? Wie kann man den Bürger dazu bringen, mehr ehrenamtlich tätig zu sein?»

Auch der Service-Citoyen-Befürworter Patrick Hässig glaubt, dass es eher eine ganz natürliche Verteilung auf die unterschiedlichen Dienstarten geben werde. Die Frauen würden wohl unterschätzt: «Ich glaube, sie haben eine grosse Lust, einen Dienst zu leisten – auch zusammen mit den Männern!»
Nur Frauen oder nur Männer, das sei selten gut, betont Hässig und verweist auf die Wirtschaft und den eigenen Arbeitsplatz. «Eine gute, gesunde Durchmischung, da gewinnt man, und das versuchen wir nun in allen diesen Diensten zu erreichen.»