Mehrere europäische Staaten anerkennen Palästina als Staat. Nun soll sich auch die Schweiz einen Ruck geben, findet SP-Nationalrätin Martina Munz.
Martina Munz
Martina Munz (SP/SH) während einer Nationalratsdebatte am 13. September 2023 im Nationalrat in Bern. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Weitere europäische Länder wollen Palästina als Staat anerkennen.
  • Die Forderung ist auch in der Schweiz hängig, der Bundesrat lehnt sie aber ab.
  • Für die Schweiz werde es jetzt einfacher, sagt SP-Nationalrätin Martina Munz.
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Erst Irland und Slowenien, dann Norwegen und Spanien: Europäische Länder wollen Palästina als Staat anerkennen. Umgehend hat Israel seine Botschafter aus Irland und Norwegen in die Heimat zurückberufen. Doch auch in der Schweiz liegt die Forderung auf dem Tisch: Der Bundesrat solle Palästina in den Grenzen von 1967 als Staat anerkennen.

13 Mitte-links-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier haben das Postulat von SP-Nationalrat Fabian Molina unterzeichnet. Darunter auch Nationalrätin Martina Munz (SP/SH), die im Nau.ch-Interview darlegt, wie sich die Situation aus Schweizer Sicht präsentiere.

gaza
Norwegens Regierungschef Jonas Gahr Støre. - keystone

Nau.ch: Frau Munz, europäische Staaten spuren nun vor, das neutrale Schweden hat schon länger Palästina als Staat anerkannt. Wird es nun immer einfacher für die Schweiz beziehungsweise den Bundesrat nachzuziehen?

Martina Munz: Es haben bereits 139 Staaten, also eine klare Mehrheit, Palästina anerkannt. Die jüngsten Ereignisse in Nahost werden dazu führen, dass noch zahlreiche weitere Staaten Palästina als Staat anerkennen werden. Heute haben Norwegen, Spanien und Irland angekündigt, Palästina als Staat anzuerkennen. Insofern wird es für die Schweiz einfacher, diesen Schritt auch zu tun.

Israel Katz
Der israelische Aussenminister Israel Katz, hier bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats im März 2024, reagiert verärgert auf die Ankündigungen aus Norwegen und Irland. - keystone

Nau.ch: Israel ist verärgert, reagiert innert Minuten mit dem Abzug von Botschaftern. Giesst man mit diesem Vorgehen nicht aktuell noch mehr Öl ins Feuer?

Munz: Nein, man unterstreicht den klaren Willen für eine Zweistaatenlösung und somit eine Friedensperspektive damit. Denn der Status quo ist klar inakzeptabel: Die Rechte der Palästinenserinnen und Palästinenser werden von Israels Regierung nicht ausreichend respektiert. Es braucht deshalb einen eigenständigen palästinensischen Staat. Das zeigt die aktuelle Situation.

Befürwortest du eine Anerkennung von Palästina als Staat?

Nau.ch: Der Bundesrat schreibt in seiner Antwort auf das Postulat, es schade der aussenpolitischen Linie, wenn eine einzelne Parlamentskammer solches entscheide. Insbesondere wäre ja der Bundesrat zuständig, nicht das Parlament.

Munz: Der Bundesrat vertritt eine veraltete Auffassung der Kompetenzteilung in der Aussenpolitik. Wie in allen Politikbereichen kann auch hier das Parlament mitbestimmen. Es ist nicht die alleinige Kompetenz des Bundesrates, Aussenpolitik zu betreiben. Gerade bei wichtigen Entscheiden mit hoher zeitlicher Dringlichkeit, wie bei der Anerkennung von Staaten, soll er das Parlament konsultieren.

Nau.ch: Wie beurteilen Sie die Chancen des Postulats Molina im Nationalrat?

Munz: All jene Kräfte, die weiterhin an eine Zweistaatenlösung glauben, müssten dem Postulat eigentlich zustimmen. Ich denke, das Postulat wird es trotzdem schwer haben, eine Mehrheit im Nationalrat zu finden.

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