Ärger um Winnetou, den grossen Häuptling der Apachen. Eine deutsche Professorin will den Kult-Western verbieten, weil dieser politisch nicht korrekt sei.
karl may Coop
Der französische Schauspieler Pierre Brice als stolzer Apachen-Häuptling Winnetou in einer Szene des Karl-May-Films «Winnetou 3». - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit den 60er Jahren flimmert Karl Mays «Winnetou» über den Bildschirm.
  • Ab Ende Juni finden in Bad Segeberg erneut die Karl-May-Festspiele statt.
  • Eine deutsche Professorin findet die Indianer-Darstellung nicht zeitgemäss.

Er reitet mit Ross und Bogen dem Sonnenuntergang entgegen. Winnetou, der Häuptling der Apachen, ist bei Gross und Klein beliebt.

Nun droht das erhabene Bild vom Indianer-Helden zu bröckeln. Mita Banerjee, Professorin für Amerikanistik am «Obama Institute for Transnational American Studies» in Mainz findet: Die Winnetou-Darstellung ist politisch nicht korrekt.

winnetou
Forscherin Mita Banerjee findet, die Indianer werden in der heutigen Zeit oftmals nicht korrekt dargestellt. - Obama Institute for Transnational American Studies

Die Expertin ist von Karl Mays Geschichten alles andere als erfreut. Wie die indianische Kultur dargestellt werde, sei kolonialistisch, klischeehaft und wirklichkeitsfern.

Gegenüber «Bild» erklärt Banerjee: «Es schadet, dass ausschliesslich ein fiktionales Bild vom Indianer wiederholt vervielfältigt wird und unsere reale Vorstellung prägt.» In Wirklichkeit seien Indianer nämlich unterdrückt und in Missionsschulen «umerzogen» worden.

winnetou
Pierre Brice als Winnteou und Lex Barker als Old Shatterhand in einer Szene der Karl-May-Verfilmung «Winnetou und Old Shatterhand im Tal der Toten». - Keystone

Forscherin: «Man nimmt Menschen ihre Selbstbestimmung»

«Wenn in den USA erst indianische Kulturen zerstört wurden und dann hauptsächlich ein klischeehaftes Bild von 'dem Indianer' zirkuliert, nimmt man Menschen indigener Herkunft ihre Selbstbestimmung.»

Die Forscherin versucht sich an einem Gedanken-Experiment. Die Darstellung sei damit zu vergleichen, wie wenn Afrikaner Deutsche Sauerkraut essend und ausschliesslich in Lederhosen und Dirndl darstellen.

«Was würden wir wohl dazu sagen? Wir würden sagen: 'Das ist ja ein absolutes Klischee. In Wahrheit bin ich ganz anders und bei uns gibt es so viel mehr.'»

winnetou
Auch dieses Jahr werden in Elspe die Karl-May-Festspiele wieder durchgeführt. Hier ein Schnappschuss einer Szene von 2002. - Keystone

Professorin stört sich an Karl-May-Festspielen

Mita Banerjees Kritik ist im Rahmen der alljährlich stattfindenden Karl-May-Festspiele von Bad Segeberg einzuordnen. Seit 1958 werden die Geschichten von Winnetou auch auf der Freilichtbühne aufgeführt – zum Ärger der Professorin.

Die Veranstalter der Festspiele wollen von der Stänkerei der Expertin nichts hören. Die Geschäftsführerin stellt klar:

«Wir spielen kein Geschichtsbuch – wir bringen die Traumwelt des Schriftstellers Karl May auf die Bühne. Unsere Stücke erfüllen die Sehnsucht der Zuschauer, dass am Ende das Gute gewinnt.»

winnetou
Winnetou (Erol Sander) während der Fotoprobe zu «Winnetou I» am Freitag, 15. Juni 2007, in Bad Segeberg. - Keystone

Auch die Schauspieler zeigen sich ab der Kritik genervt. Ex-Darsteller Gojko Mitic (79) stänkert: «Die Welt hat andere Probleme – und die Karl-May-Festspiele sind mit Sicherheit keines!»

Das Winnetou-Stück sei ein Stück Kulturgut. «Da braucht es keine Schlauberger, die an ihren Schreibtischen diskutieren, ob man Indianer auf einer Bühne noch Indianer nennen darf.»

Winnetou-Witwe: Film-Botschaft ist«zeitgemäss»

Ähnlich sieht das die Witwe des verstorbenen Winnetou-Darstellers Pierre Brice (†86). Gegenüber «Bild» erklärt Hella Brice (69):

«Die Jugend braucht heute mehr denn je die Werte, die Karl May durch Winnetou und Old Shatterhand überliefert hat. Werte wie Friede, Kameradschaft, Gleichberechtigung, Toleranz und Nächstenliebe zu pflegen, ist zeitgemäss!»

winnetou
Pierre Brice hat in elf Kinofilmen die Rolle des Winnetou gespielt. Hier posiert er mit seiner Frau Hella. - Keystone
Ad
Ad

Mehr zum Thema:

SonnenuntergangDirndlSchauspieler