Es ist ein Hobby, dem man auch in Corona-Zeiten gut nachgehen kann: Schachspielen. Vereine in Deutschland stellen einen Online-Boom fest. Geholfen hat auch ein Netflix-Hit.
64 Felder, 32 Figuren - das königliche Spiel ist im Aufwind. Foto: Felix König/dpa
64 Felder, 32 Figuren - das königliche Spiel ist im Aufwind. Foto: Felix König/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Schach erlebt in Corona-Zeiten einen Aufschwung: Vom Kind bis zum Senior entdecken viele die Sportart derzeit neu für sich, wie der Präsident vom Schachbund Rheinland-Pfalz, Achim Schmitt, in Schweich bei Trier sagt.

«Je länger die Pandemie dauert, desto mehr wollen die Menschen sich anderweitig beschäftigen.»

Das Schachspiel ist da ideal, weil man es eben auch gut online und somit kontaktlos spielen kann. «Online-Schach wird definitiv um ein Vielfaches mehr gespielt als vor einem Jahr», sagt der Präsident des Deutschen Schachbundes, Ullrich Krause, in Gross Grönau bei Lübeck (Schleswig-Holstein). In der Krise habe geholfen, dass man Schach schon seit 20 Jahren online spielen könne. «Das ist anders als bei allen anderen Sportarten, wo man online nur eine Variante davon spielen kann.»

Schach werde online eins zu eins wie normal gespielt: «Auch wenn man natürlich keine Figur in der Hand hält», sagt Krause. Einfach einloggen, und schon könne man auf dem Niveau seiner Spielstärke ein Match machen. «Ich finde es beim Schach toll, dass Junge und Alte aufeinandertreffen können und auf Augenhöhe gegeneinander spielen.»

Achim Schmitt aus Rheinland-Pfalz beobachtet, dass Vereine mit immer mehr Angeboten für Mitglieder und Interessierte ins Netz kommen. Auf Schach-Plattformen wie Lichess, Chess.com oder Chess24 tummelten sich die Fans des königlichen Spiels bei kürzeren oder längeren Partien und bei Turnieren.

Einer davon ist Jim Seyler (9) aus Niederraden im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Er ist seit Herbst im Schachverein und seit Juni 2020 auf Lichess. Dort hat er schon rund 5700 Spiele gespielt. «Corona hat mir schon bisschen geholfen. Ich hatte halt weniger zu tun», sagt er. Warum er Schach so mag? «Ich finde es einfach taktisch cool, ich denke gerne nach und grübele gerne Taktiken aus.»

Seit Mitte Januar und bis Ende April läuft die Deutsche Schach-Online-Liga, wie Schachbund-Präsident Krause sagt. 385 Mannschaften mit 3000 Spielern hätten sich angemeldet. Das Tolle dabei sei, dass man gegen Vereine spiele, gegen die man sonst aus regionalen Gründen nie angetreten wäre: «Wir haben da als Lübecker Verein gegen den SC Bad Wimpfen (Baden-Württemberg) gespielt.»

Auch die Netflix-Serie «Das Damengambit», in der das Mädchen Beth Harmon im Waisenhaus Schach lernt und sich später an die Weltspitze spielt, habe neue Fans an das Brett mit 32 Figuren gebracht, sagt Krause. Der Netflix-Hit gilt als bisher erfolgreichste Miniserie.

Beim Online-Schach besonders beliebt seien kürzere Partien wie das Blitzschach, bei der eine Partie zwischen 12 und 15 Minuten dauere, erzählt Schmitt. Oder aber das Bullet-Schach, wo die Spieler insgesamt nur eine oder zwei Minuten Bedenkzeit hätten. «Das reizt sehr viele junge Leute. Auch zum Entspannen», sagt Schmitt.

Für ihn sind Online-Schach und Präsenz-Schach zwei verschiedene Welten. «Wenn man jemandem gegenübersitzt, dann fiebert man ja mit, beobachtet Gestik und Mimik. Man spürt ein Knistern am Brett.» Das sei anders, als wenn man am Bildschirm sitze und sehe, wie sich eine Figur «wie von Geisterhand bewegt».

Allein in Rheinland-Pfalz zählt die Schachfamilie laut Schmitt rund 8000 Mitglieder in 400 Vereinen. Krause hofft, dass mit dem Boom auch mehr Schachspieler in die Vereine kommen. «Ich bin da zurzeit sehr optimistisch, dass das klappt», sagt er. In den rund 2400 Schachvereinen bundesweit gebe es zurzeit um die 89.000 Mitglieder. Das seien um die 3000 weniger als ein Jahr zuvor. Im Jahr 2020 seien etliche ausgetreten, auch weil der Spielbetrieb in den Vereinen geruht habe.

Die Schachfreunde Bitburg haben derweil einen Mitgliederzuwachs registriert. «Wir haben zwölf neue Jugendliche als Mitglieder bekommen», sagt Vereinsvorsitzender Harald Enders. Ihn freue vor allem, dass viele Mädchen darunter sind. «Wir hatten vorher nur eins.» Zu den Neuzugängen gehört ausserdem auch Jim Seyler. «Und er ist richtig gut», sagt Enders. Er habe kürzlich bei einem Wettbewerb zwei Leute geschlagen, die in der Rheinland-Pfalz-Liga spielen. Er liebe speziell die Blitzvarinaten - und lerne sehr schnell.

Jim sagt: «Mein Traum ist es, Grossmeister zu werden.» Er spiele vier Mal pro Woche am Computer zu begrenzten Zeiten - auch Turniere im Club. Und er freue sich jetzt schon, wenn er im Schachverein eines Tages mal wieder mit den anderen am Tisch spielen könne.

Die Schachfreunde Bitburg haben seit Corona-Beginn bereits 70 Turniere gespielt. Enders: «Wir haben einen Online-Vereinsraum.» Neben dem Spiel werde ein Programm zum Chatten genutzt. «Wir können zwar nicht zusammen sein, aber wir können im selben digitalen Raum spielen und uns über das andere Programm unterhalten.»

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