Die ewig unbeugsame Brigitte Bardot wird 90
Ikone des französischen Kinos und Sex-Symbol: Brigitte Bardot löste mit ihrer Schönheit Hysterie aus, ihre Tabubrüche sorgten für Skandale. Das Porträt einer Frau, die nie anders konnte – und wollte.
Sie war der Star unter den Stars: Brigitte Bardot wurde vergöttert und begehrt, zählte zu den schönsten und skandalösesten Frauen der Welt. Einzigartig macht sie auch heute noch ihre Radikalität und Komplexität.
Auf dem Höhepunkt ihres Ruhms beendete sie abrupt ihre Karriere, zog sich in ihr Haus in Saint-Tropez zurück, um sich mit derselben Leidenschaft, mit der sie sich einst dem Kino und den Männern verschrieb, dem Schutz der Tiere zu widmen. Brigitte Bardot ist eine Frau, die nie anders konnte – und wollte. An diesem Samstag (28. September) wird sie 90 Jahre alt.
Unverändert im Geist
Verändert hat sie sich nicht, nur ihre lange Mähne ist grau geworden und bücken kann sie sich nicht mehr, weil ihre Knochen knacken, wie sie im Interview mit «Le Monde» kürzlich sagte. Doch sie habe noch immer dieselbe Geisteshaltung wie früher.
Sie habe weder ihre Meinungen geändert noch ihre besondere Sichtweise auf die Dinge, wie sie weiter erklärte. Trotz ihres Alters und den beiden Stöcken, an denen sie geht: «Wenn man sich beschwert, ärgert es alle, und den Schmerz lindert es auch nicht. Deshalb beschwere ich mich nie und lebe normal wie damals, als ich jünger war, nur eben mit Behinderungen.»
95 Minuten hatten gereicht, um 1956 aus ihr einen Weltstar zu machen. In dem Film «Et Dieu créa la femme» unter der Regie von Roger Vadim spielt sie Juliette, eine sinnliche junge Frau, die nach Freiheit dürstet und von drei Männern begehrt wird. Zu diesem Zeitpunkt war Brigitte Bardot erst Anfang zwanzig, noch brünett, hatte aber bereits in zehn Filmen mitgewirkt.
Vom Mambo zur Sensation
Sie färbte sich die Haare blond, tanzte mit anzüglichen Hüftbewegungen den Mambo und räkelte sich lasziv im Sand von Saint-Tropez. Ihre Rolle als verführerische Frau machte sie über Nacht zur weltweiten Sensation – und zum Sexsymbol. Ihre Auftritte lösten Hysterie und Massenaufläufe aus.
In einem Frankreich, in dem schon barfüssig zu tanzen ein mittlerer Skandal war, sprengte sie die Grenzen dessen, was bis dahin für Frauen auf der Leinwand möglich war: Zum ersten Mal im Kino brachte eine Frau gleichberechtigt mit einem Mann ihre körperlichen Wünsche zum Ausdruck. Der Film war ein Schlag ins Gesicht für eine ganze Nation.
Szenen wurden zensiert und das brave Bürgertum beschimpfte sie als Hure. Doch für viele französische Frauen wurde «BB», wie sie noch heute genannt wird, zum Vorbild. Sie selbst fand den Film einfach nur lustig. Den Mambo habe sie völlig improvisiert, sagte sie Jahre später der Zeitung «La Croix».
Neues Frauenbild der Selbstbestimmtheit
Mit Filmen wie «La vérité» (1960), «Le mépris» (1963) und «Viva Maria!» (1965) schrieb sie nicht nur Filmgeschichte. BB, die aus einem konservativen Elternhaus stammt, erschuf mit ihrer selbstbestimmten Weiblichkeit und Erotik ein neues Frauenbild. Weibliche Schönheit durfte auf einmal sexy und selbstbewusst sein.
Ungeniert offenbarte sie ihren Traumkörper den gierigen Objektiven der Fotografen. Ungehemmt wechselte sie Liebhaber und Ehemänner. Während Vadim mit ihr «Et Dieu créa la femme» drehte, begann sie mit Filmpartner Jean-Louis Trintignant eine Beziehung.
Auch mit Serge Gainsbourg, dem «enfant terrible» des französischen Chansons, war sie einige Zeit liiert. Gemeinsam stöhnten sie das Skandallied «Je t'aime moi non plus» ins Mikrofon. Als Feministin wollte sie sich jedoch nie vereinnahmen lassen. Sie habe mit der ganzen Bewegung nichts am Hut, wie sie in dem Interview mit «La Croix» betonte.
Sohn Nicolas – ein Alptraum in 'Initiales B.B.
Am 11. Januar 1960 brachte sie im Alter von 25 Jahren ihren einzigen Sohn Nicolas zur Welt. Für die Schauspielerin ein Alptraum, den sie ohne Komplexe in ihren 1996 veröffentlichten Memoiren «Initiales B.B» beschrieb. Als man ihr das Baby auf den Bauch gelegt und ihr gesagt habe, dass es ein Junge sei, habe sie es weggestossen. Sie hätte lieber einen kleinen Hund zur Welt gebracht, schrieb sie.
Bardot wollte abtreiben – wie schon bei ihren beiden vorherigen Schwangerschaften. Doch diesmal willigte kein Arzt ein und der Vater des Kindes, der Schauspieler Jacques Charrier, wollte keinen Abbruch, der damals noch strafrechtlich verfolgt wurde. Drei Jahre nach seiner Geburt wurde Nicolas offiziell seinem Vater anvertraut.
Später hatte die Schauspielerin erklärt, dass sie ihren Sohn nicht grossziehen konnte, weil sie selbst Halt suchte. Sie habe eine Schulter gebraucht, eine Wurzel, wie sie in dem Dokumentarfilm «Brigitte Bardot, confidentiel» zitiert wird.
Ausstieg aus dem Rampenlicht 1973
1973, auf dem Höhepunkt ihres Ruhms, zog sich Bardot nach über 40 Filmen und zahlreichen Liedern radikal aus der Öffentlichkeit zurück und flüchtete in ihre Villa La Madrague in Saint-Tropez. Sie war noch keine vierzig. Ihre Entscheidung begründete sie damit, dass das Leben, das sie führte, sinnlos und oberflächlich gewesen sei. «Es war ein Martyrium», schrieb sie in ihrer Autobiografie «Tränen des Kampfes» (2018).
Mit derselben Kompromisslosigkeit, die ihre Karriere prägte, widmete sie sich dem Kampf gegen Robbenjagd, Tierversuche und grausame Schlachtmethoden. Seit einem halben Jahrhundert hat sie aus ihrem Kampf gegen Tierquälerei ihren Lebensinhalt gemacht. 1986 gründete sie die Tierschutzorganisation Fondation Brigitte Bardot, die bis heute aktiv ist. Dafür verkaufte sie sogar einen Grossteil ihres Besitzes.
Neben ihrem Engagement für den Tierschutz hat Bardot immer wieder mit politischen Aussagen für Aufsehen gesorgt. Ihre Sympathien für die extreme Rechte und ihre teils rassistischen Äusserungen brachten ihr mehrfach Verurteilungen ein. Sie rief zur Wahl von Marine Le Pen auf und äusserte sich kritisch gegenüber Einwanderern und dem islamischen Schächten.
Treu zu ihren radikalen Ansichten trotz breiter Kritik
Ihre harten und oft radikalen Ansichten stiessen auf breite Kritik, doch Bardot blieb sich stets treu. Sie betonte immer wieder, dass sie sage, was sie denke – unabhängig davon, ob es anderen gefalle oder nicht.
Bardot hat sich nie den gesellschaftlichen Erwartungen gefügt und stets ihre eigene Definition von Freiheit gelebt – ob als Schauspielerin, rebellisches Sexsymbol oder als militante Tierschützerin.